Arvato Group | Köln, 20.06.2017

Preisgekrönt, aber ohne "Tamtam"

Themenbereich: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Land: Deutschland
Kategorie: Preise & Auszeichnungen

Yvonne Thomas, Produktmanagerin im Bereich Broadcasting Solutions bei Arvato Systems in Köln, ist mit dem "Technology Women to Watch Award" des US-amerikanischen Fachmagazins "TV News Check" ausgezeichnet worden – als erste Nicht-US-Amerikanerin. Mit dem Preis würdigt das Blatt seit dem Jahr 2013 Frauen, die die Broadcast- und Medienbranche mit ihrer Arbeit vorantreiben. Wir besuchten die junge Ingenieurin an ihrem Arbeitsplatz in Köln.

Als Yvonne Thomas in ihrem E-Mail-Postfach die Nachricht aus den USA öffnet, hält sie sie zunächst für Spam. Der lange Text der Mail, an dessen Anfang nur ihr Vorname steht, wirkt auf die Arvato-Systems-Produktmanagerin beim ersten Lesen wie eine aufdringliche Werbemail. Doch nach und nach dämmert es der jungen Diplom-Ingenieurin, die seit 2015 bei Arvato im Bereich Broadcasting Solutions tätig ist, dass sie gerade als erste Nicht-US-Amerikanerin mit dem "Technology Women to Watch Award" des US-amerikanischen Fachmagazins "TV News Check" ausgezeichnet worden ist.

Begeisterung für technische Themen liegt im Blut

"Jaja, der Preis steigt dir noch zu Kopf", ruft ein Arbeitskollege Yvonne Thomas während der Fotoaufnahmen scherzhaft zu. Ein breites Grinsen kann sie sich daraufhin nicht verkneifen. Trotzdem ist das Gegenteil der Fall. Yvonne Thomas, die bei Arvato das crossmediale Recherche-System Media Portal verantwortet, hat sich nicht ohne Grund, "für einen Job hinter der Kamera entschieden", wie sie sagt. Sie stellt sich selbst ungern in den Mittelpunkt, mag kein großes "Tamtam". Viele ihrer Kollegen erfahren erst kurz vor der Preisverleihung auf der NAB-Messe (National Association of Broadcasters) Ende April in Las Vegas von ihrer Auszeichnung.

Dabei gibt es für die junge Arvato-Mitarbeiterin keinen Grund, sich zu verstecken. Bereits 2011 erhielt Yvonne Thomas für ihre Abschlussarbeit im Studiengang "Fernsehtechnik und Elektronische Medien" an der Hochschule Rhein-Main den Förderpreis "Frauen und Medientechnologie" der ARD/ZDF-Medienakademie.

Die Begeisterung für technische Themen liegt ihr gewissermaßen im Blut. In ihrer Verwandtschaft wimmelt es von Ingenieuren, Technikern oder Informatikern, und schon als Kind begleitete sie ihren Vater in die Werkstatt oder packte bei der Renovierung des Fachwerkhauses, in dem sie mit ihrer Familie aufwuchs, mit an. Ihr erster Berufswunsch: Schreinerin. "Ich mag es sehr, etwas mit meinen Händen zu machen, etwas Greifbares zu schaffen", erzählt sie. Doch nachdem sie in der Schule Mathematik und Physik als ihre Lieblingsfächer für sich entdeckt hatte und in ihr der Wunsch aufgekeimt ist, ihr kreatives Interesse mit technischen Inhalten zu verbinden, entscheidet sich sie für das medientechnische Studium an der Fachhochschule. Nebenbei arbeitet sie beim ZDF in Mainz als technische Betriebsassistentin und geht für ein Praxissemester ins ZDF-Auslandsstudio nach London. Die Hände macht sie sich trotzdem noch gerne schmutzig – bis heute. Ob beim Wändestreichen, Blumenpflanzen oder Möbelaufpolieren – Yvonne Thomas hat immer gerne etwas zu tun.

Mittendrin im Publikum sitzt ihr zukünftiger Chef

Der erste Job nach dem Studium lässt nicht lange auf sich warten. Auf einem Symposium des Industrieforums "Deutsche TV Plattform" stellt Yvonne Thomas als frisch gebackene Absolventin die Ergebnisse ihrer Diplomarbeit vor – ihr erster Vortrag vor Fachpublikum. "Das war ganz schlimm. Ich habe mich so unwohl gefühlt vor diesem Termin", blickt sie heute mit einem Schmunzeln zurück. Doch ihre Art, ihre Arbeit vorzutragen, kommt gut an. Anhand eines Luftballons veranschaulicht sie, warum die Leinwandgröße bei 3D-Filmen bereits im Vorfeld der Produktion berücksichtigt werden muss. "Der Versatz, also die Disparität, beider Bilder, die für den 3D-Effekt benötigt werden, wächst einfach maximal, wenn eine Fernsehproduktion auf die Kinoleinwand gebracht wird", erklärt sie. Um dies zu illustrieren, zeichnet sie mit einem Stift zwei Dreiecke leicht versetzt auf einen halb-aufgeblasenen Luftballon, deren Abstand immer weiterwächst, je mehr Luft sie in den Ballon hineinpustet – bis er schließlich platzt.

Mittendrin im Publikum sitzt ihr zukünftiger Chef bei der European Broadcasting Union in Genf, einem Zusammenschluss öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten unter anderem in Europa und Nordafrika. Er lädt sie nach ihrer Präsentation zu einem Vorstellungsgespräch in die Schweiz ein, wenige Wochen später tritt sie dort ihre erste Stelle als Projektingenieurin, später Projektmanagerin, an. Eine große Herausforderung, sagt sie, an der sie aber sehr stark gewachsen sei. Nach fünf Jahren wechselt sie zu Arvato Systems in die Abteilung Digital Media Management, um neue Erfahrungen in der Industriebranche zu sammeln. Es reizt sie, bei der Entstehung eines neuen Produkts, wie dem Recherche-System Media Portal, von Anfang an dabei zu sein und es auf dem Markt zu etablieren. "Das Media Portal bündelt Informationen aus unterschiedlichen Datenquellen auf einer Plattform und soll so die Recherche für Nachrichtenredakteure erleichtern", erzählt Yvonne Thomas. Sie verantwortet die Kommunikation mit den Kunden, bespricht mit ihnen die Anforderungen an das Produkt oder holt Feedback ein. Vor großem Publikum zu sprechen, ist für sie heute kein Problem mehr. Sie besucht gerne Messen oder Konferenzen, hält dort Vorträge und knüpft neue Kontakte.

Komplexe Technologien einem Laien erklären

Ihre Expertise und ihre Fähigkeit, schwierige Zusammenhänge auf simple und sehr lebendige Art und Weise zu erklären, verhalf ihr nicht nur zu einem schnellen Start ins Berufsleben. Sie bestimmte maßgeblich auch die Entscheidung von "TV News Check", Yvonne Thomas in diesem Jahr mit dem "Technology Women to Watch Award" auszuzeichnen. "Yvonne Thomas ist eine junge Ingenieurin, die auf Technologieforen für ihre pointierten Beiträge bekannt ist", sagt Verlegerin Kathy Haley, Mitgründerin von "TV News Check". "Mit ihrer Arbeit beweist sie, dass sie eine Expertin ist, die komplexe Technologien selbst einem Laien verständlich erklären kann." Nominiert wurde Yvonne Thomas – ohne ihr Wissen – aus dem Kreis der amerikanischen SMPTE (Society of Motion Pictures and Television Engineers), denen die deutsche Nachwuchs-Ingenieurin sowohl durch ihre Arbeit bei der EBU als auch bei Arvato bekannt war.

Dass sie als Frau in ihrem beruflichen Umfeld oft in der Minderheit ist, stört sie nicht. Sie findet es sogar angenehm, mit Männern zusammenzuarbeiten, mag die direkte Art ihrer Kollegen. "Da weiß man, woran man ist", lacht sie. Trotzdem müsse man sich als Frau in einer männerdominierten Branche mehr beweisen, um das Vertrauen der Kollegen zu gewinnen, fügt sie hinzu. Eine gesetzliche Frauenquote lehnt Yvonne Thomas jedoch ab. "Ich möchte in einem Unternehmen arbeiten, weil das Unternehmen an mich glaubt und mich für die Beste in dem Job hält, und nicht, weil ich im Vergleich zu einem männlichen Bewerber gleichwertig qualifiziert, aber eine Frau bin." Preise, die sich wie der "Technology Women to Watch Award" gezielt an Frauen richten, das sei ihr bewusst, seien dennoch wichtig, um Frauen in technischen Berufen zu fördern und Vorbildfunktionen zu schaffen. "Aber ich möchte einfach das machen, was ich gerne mache, weil ich die bin, die ich bin", sagt sie und tut genau das. Besonnen und in aller Ruhe. Und E-Mails wird sie in Zukunft immer zweimal lesen, damit gute Nachrichten weiterhin ankommen.