Unter den Linden im „Game of Thrones“-Fieber

Literaturkritiker Denis Scheck
Tom Wlaschiha (Jaqen H'gar in der TV-Serie "Game of Thrones") las aus “Eis und Feuer”

Bald vier Jahre ist es bereits her, dass der bislang letzte Teil der Fantasy-Reihe „Das Lied von Eis und Feuer“ („A Song Of Ice And Fire“) erschienen ist – doch der Erfolg des monumentalen Epos von George R. R. Martin hält unvermindert an. Dies ist in erster Linie der aufwändigen und weltweit erfolgreichen Verfilmung der fünfteiligen Saga durch den US-Kabelsender HBO zu verdanken. Die Popularität der TV-Serie „Game of Thrones“ führt auch den Verlagen, die die Bücher veröffentlichen – in Nordamerika ist das Bantam und in Deutschland Blanvalet – immer neue Leser zu. Und sie lockte jüngst 180 Gäste in die Berliner Bertelsmann-Repräsentanz Unter den Linden 1 zu einer kurzweiligen „Game of Thrones“-Veranstaltung.

Sie erlebten an diesem Abend in Unter den Linden den VFX-Künstler Jan Fiedler von Pixomondo, der die Entstehung der Drachen der Serie am Computer erklärte, sowie den Literaturkritiker Denis Scheck, den deutschen Schauspieler Tom Wlaschiha, der in der Serie die Rolle des Jaqen H'gar spielt, und Werner Fuchs, Literaturagent sowie Freund und Vertrauter des Autors. Zusammen gaben sie spannende Einblicke in die „Game of Thrones“-Welt und das Leben und Werk von George R. R. Martin.

So erfuhren die „Game of Thrones“-Fans von Tom Wlaschiha, wie es am Set der hauptsächlich in Nordirland gedrehten Serie zugeht; von Werner Fuchs, dass George R. R. Martin, der so phantasievoll grausame Gewaltszenen schreiben kann, eigentlich Pazifist sei; und von Jan Fiedler, wie ein Suppenhühnchen zur Vorlage für die Drachen in der Fernsehserie wurde. Einen Eindruck von der Atmosphäre an diesem Fantasy-Abend vermittelt das rechts verlinkte Video.

Bereits mit dem ersten Band seines Roman-Zyklus‘ setzte George R. R. Martin einen Meilenstein in der modernen Fantasy und schuf ein Werk in bester Tolkien-Tradition. Von Kritikern und Lesern gleichermaßen gefeiert und gelobt, erlangte das mittlerweile fünf Bände umfassende Epos zunächst in den USA und später weltweit Kult-Status. Jeder neue Band, auf den die Fans meist jahrelang sehnsüchtig warten mussten, schoss in den Bestsellerlisten weltweit auf Top-Positionen.

„Das Lied von Eis und Feuer“ spielt in einer fantastischen, an das europäische Mittelalter angelehnten Welt auf dem Kontinent Westeros. Hier hat das Herrscherhaus der Targaryen, die „Drachenherrscher“, einst die sieben Königreiche des Kontinentes durch Eroberungen zu einem einzigen Reich vereinigt. Nach rund 300 Jahren wird diese Alleinherrschaft allerdings durch den Rebellenführer Robert Baratheons beendet, der sich zum neuen König aufschwingt. Nach einer etwa 15 Jahre andauernden Phase der Ruhe bricht nach Roberts Tod ein blutiger Machtkampf zwischen den Adelshäusern Baratheon, Lannister und Stark aus. Dabei drohen dem zerrissenen Königreich auch Gefahren von außen: Im Norden des Reiches greifen Barbaren und untote Wesen, die „Anderen“, die Grenzbefestigungen an. Und im Osten bereitet sich Daenerys Targaryen, die letzte erbberechtigte Prinzessin des alten Königshauses, darauf vor, den Thron ihrer Familie zurückzuerobern …

Doch wer steht hinter diesem Erfolg? George R. R. Martin, 1948 in Bayonne, New Jersey, USA, geboren, veröffentlichte seine ersten Kurzgeschichten im Jahr 1971 und gelangte damit in der amerikanischen Science-Fiction-Szene zu frühem Ruhm. Gleich mehrfach wurde er mit dem renommierten Hugo-Award ausgezeichnet. Danach war Martin einige Jahre lang in der Produktion von Fernsehserien tätig, etwa als Dramaturg der TV-Serie „Twilight Zone“. 1996 kehrte er mit einem Sensationserfolg auf die Bühne der Fantasy zurück: Mit dem ersten Band von „Das Lied von Eis und Feuer" schuf er eine düstere, grausame Welt voller Intrigenspiele, Machtpolitik und Krieg, die die Leser packt und unerbittlich in ihren Bann zieht. Autorenkollegen und Kritiker preisen das Epos einhellig als bahnbrechendes Meisterwerk, selbst die bekannte Fantasy-Autorin Marion Zimmer Bradley sprach von der „vielleicht besten epischen Fantasy überhaupt“.