Verdis "Stiffelio" - 167 Jahre nach der Uraufführung erstmals in Berlin!

Giuseppe Verdi hatte es nicht leicht mit seiner Oper Stiffelio. Kurz vor der Uraufführung 1850 in Triest legten die Zensoren ein Veto ein und erzwangen an entscheidenden dramatischen Stellen Änderungen am Libretto. Die Oper, deren zentrale Figur, der protestantische Pastor Stiffelio, von seiner Frau betrogen wird und der ihr trotz rasender Eifersucht und Wut öffentlich in einer Kirche verzeiht, war zu viel für die Zensoren der Zeit. Sie sahen in ihr wohl etwas, "[…] was den öffentlichen Anstand, die Schamhaftigkeit, die Moral oder die Religion beleidigt" und untersagten die Aufführung der Oper in der ursprünglichen Form.
Sowohl Verdi als auch sein Librettist Piave lehnten die Änderungen ab. Die wenigen Aufführungen der verstümmelten Oper (unter dem Namen Guglielmo Wellingrode) liefen nicht gut. Schließlich bat der Komponist am 17. Februar 1856 seinen Verleger Ricordi, sie aus dem Verkehr zu ziehen.
Verdi und Piave machten sich daran, aus Stiffelio eine andere, weniger zensuranfällige Oper zu machen: Aroldo, uraufgeführt 1857. Ungefähr die Hälfte der Musik für Aroldo stammt aus Stiffelio. Somit konnte zumindest ein Teil von Stiffelio im bis heute Archivio Ricordi bewahrt werden.

Vollständige Partituren der Oper blieben nicht erhalten. Verdi selbst hatte ganze Passagen entfernt, um für die neue Musik in Aroldo Platz zu schaffen. Versionen, die noch im Ricordi-Archiv lagerten fielen den Bombardierungen Mailands durch die Alliierten im August 1943 zum Opfer.
Erst 1968 fand die erste Neuinszenierung der Oper seit 1855 im Teatro Regio in Parma statt, weitere folgten. Für eine Kritische Edition war jedoch noch nicht genug Material da. Erst, nachdem weitere Partitur-Fragmente in verschiedenen Archiven gefunden wurden, konnte 1993 Stiffelio wieder so aufgeführt werden, wie Verdi die Oper ursprünglich konzeptioniert hatte.

Am 1. Februar 2017 inszenierte die Berliner Operngruppe, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, seltene Opern aufzuführen, Stiffelio im ausverkauften Konzerthaus Berlin. Das Publikum, darunter mehrere Botschafter und namhafte Kulturschaffende auf Einladung von Bertelsmann, war begeistert, denn schließlich war diese Aufführung etwas ganz Besonderes: Es handelte sich hierbei um die erste Aufführung der Oper in Berlin überhaupt.