News | Gütersloh, 30.01.2012

Corporate Responsibility: Warum sich Engagement lohnt

Das Engagement für die Gesellschaft steht im Mittelpunkt des vor kurzem vorgelegten Corporate Responsibility Report der Bertelsmann AG. Der Bericht dokumentiert die unterschiedlichen Ansätze, mit denen das Medienhaus auf verschiedensten Feldern Verantwortung übernimmt. Doch auch die Mitarbeiter und ihr Einsatz zum Wohle des Unternehmens, der Kollegen und anderer Menschen werden beleuchtet. – Was treibt sie dabei an? Warum bringen sie sich ein? Darüber macht sich „Geo“-Chefredakteur Peter-Matthias Gaede in einem Essay Gedanken.

Eine wohlhabende, mit Erfolg und öffentlicher Anerkennung reichlich gesegnete junge Frau gründet eine Stiftung für Kinder in Not. Reist nach Afrika, um zu sehen, wo sie helfen kann. Und treibt seither jedes Jahr Hunderttausende Euro ein, um etwa in Kairo ein Heim für obdachlose Mädchen bauen zu können oder Schulen im Sudan. Ein Professor für Molekulare Immunologie, an die Universität Leipzig berufen und an seinem neuen Wohnort auf die traurige Lage in einem Flüchtlingsheim aufmerksam geworden, initiiert zusammen mit seiner Frau das Projekt „Bunte Gärten“, das Verfolgten aus Ländern des Südens zunächst ein Stückchen friedliche Erde schenkt und mittlerweile viel mehr: eine gute Chance auf Integration. Eine Kooperative aus rüstigen Rentnern in Augsburg rückt Tag für Tag aus, um hilfsbedürftige (noch) ältere Menschen zu versorgen und zu unterhalten, bei ihnen zu putzen und zu reparieren. Und ein 75-jähriger Ingenieur im Ruhestand kommt zweimal wöchentlich ins Museum, um dort mit immenser Geduld technische Ausstellungsstücke instand zu setzen: alles freiwillig, alles umsonst. Nichts aber vergebens. 

Solche Menschen sind es, die sich verantwortlich für die zivile Gesellschaft fühlen, für den „fernen Nächsten“ auf einem anderen Kontinent oder für das „face-to-face“-Engagement über die Straße hinweg. Es sind Menschen, die abgeben, die teilen, die Gutes tun wollen. Für andere und vielleicht auch – was wäre schlimm daran? – zur eigenen Erfüllung.

Es hat sie immer schon gegeben, doch es werden in jüngster Zeit auffällig mehr. Sie verkörpern jene integrative Sozialmoral, jene Handreichung, an der es einer Gesellschaft auf wirtschaftlichem Entsolidarisierungskurs zunehmend mangelt. Und sie werden wichtiger deshalb. Während die Leistungen des Sozial- und Steuerstaates als Bindemittel der Demokratie, als Loyalitätsgrund der Bürger Gefahr laufen, zu erodieren, während die Brücken zwischen „Unten“ und „Oben“ wieder zunehmend unpassierbar werden und immer mehr Menschen sich gedemütigt und abgehängt fühlen, sind jene uneigennützig für den Mitmenschen arbeitenden Helfer die Protagonisten eines jetzt erst recht zum Vorschein tretenden Bedürfnisses nach Gemeinschaft, nach Verbindlichkeit. Es ist die Bürgergesellschaft, von der der Historiker Paul Nolte schrieb, sie sei eine „investive Gesellschaft“, weil sie Vorleistungen erbringe statt darauf zu bauen, Leistungen zu erhalten.

Klingt das zu theoretisch? Es wäre schade, denn von diesem Engagement zu erzählen, ist eine schöne Geschichte. Dass der Mensch des Menschen Wolf ist, gehört – oft genug ja auch bestätigt – zum Repertoire einer pessimistischen Rezeption der Welt. Und ist doch nur die halbe Wahrheit. Mehr als 23 Millionen Menschen engagieren sich allein in Deutschland ehrenamtlich in Vereinen, Bürgerinitiativen, Selbsthilfegruppen. Helfen als „Sozialpaten“ bei der Organisation des täglichen Lebens und über Weltschmerz hinweg, pumpen Fußbälle auf und frisieren Pflegebedürftige, restaurieren Fachwerkhäuser und veranstalten Tombolas zugunsten krebskranker Kinder, renovieren die Schule oder operieren während ihres Urlaubs in den Elendsvierteln der „Dritten Welt“ Patienten mit grauem Star. Es sind ehemalige Stadtverwaltungsangestellte und Rechtsanwältinnen in der Babypause, es sind gestresste Assistenzärzte oder Banker im Ruhestand und Manager auf Sinnsuche, die sich zu einer unterschätzten sozialen Macht formieren. Einer Macht, welche die düsteren Prophezeiungen von einer selbstsüchtigen Spaßgesellschaft aus Egomanen, aus „Ichlingen“, widerlegt. Und es sind Menschen aus allen Bevölkerungsschichten.

Für Jahrzehnte schien das Engagement der Bürger kaum der Rede wert zu sein. Kinder, Ausbildung, Krankheit, Altern, Sterben – um alles schien sich der „Wohlfahrtsstaat“ kümmern zu können, ein Staat, der sämtliche Lebenslagen mit Profis und Planstellen umsorgte. Seit dieser Staat schwächer geworden ist, grassiert eine Verlustangst, die verständlich ist. Aber es gibt eben auch die Kompensation. „Alle reden von sozialer Kälte. Aber wir erleben jeden Tag das Gegenteil“, berichtet ein Vorstand der „Tafel“, jener Organisation, die Lebensmittel an Bedürftige verteilt. Und er sagt: „In Deutschland ist das Wir-Gefühl auf dem Vormarsch. Vielleicht das erste Zeichen für einen neuen gesellschaftlichen Konsens: dass man die Ärmsten nicht alleine lässt, wenn ihnen der Staat nicht mehr helfen kann.“

Forscher haben den Abschied – sagen wir vorsichtiger: den Abschied vieler – von der Ich-Gesellschaft schon zur vergangenen Jahrtausendwende erkannt. Der „Gießen-Test“ des Psychologen Horst-Eberhard Richter, der die Seelenlage der Deutschen ergründete, verzeichnete da, erstmals seit den 1970er Jahren, einen Trend zu mehr Verantwortungsgefühl für den anderen. Ähnlich das Ergebnis eines „Freiwilligen-Survey“ im Auftrag eines Berliner Ministeriums: Mehr als jeder dritte Deutsche über 14 Jahren arbeitet danach für das Gemeinwohl. Weil er Lust dazu hat und Zeit. Weil er Verantwortung empfindet, auch wenn er mit Artikel 14, Absatz 2 Grundgesetz, „Eigentum verpflichtet“, in Ermangelung desselben gar nicht gemeint sein kann.

Wissenschaftler der Universität Stuttgart-Hohenheim ermittelten, dass Ehrenamtliche und Freiwillige in der Bundesrepublik jedes Jahr rund fünf Milliarden Arbeitsstunden dem Gemeinwohl widmen – fast zehn Prozent mehr, als im gesamten bezahlten öffentlichen Dienst geleistet werden. Aber lässt sich der gesellschaftliche Nutzen solcher Anstrengungen überhaupt mit Zahlen messen? Oder ist ihr qualitativer Wert nicht mindestens ebenso wichtig? Mit völlig unterschiedlicher Grundierung ist das Engagement der Bürger jeder Partei willkommen – von der FDP (Weniger Staat! Mehr Eigenverantwortung!) bis zur Linken (Weniger Markt! Mehr Solidarität!). Verdrießlich könnte man auch sagen: Gemeinwohlarbeit ist Reparaturbetrieb, ist Nothilfe, ist Verzweiflungstat, wenn der Stadtkämmerer den Spielplatz nicht mehr aus seinem Etat ausstatten kann, wenn der Schuldirektor das Cello fürs Orchester streichen muss – was sie doch beide eigentlich nicht dürften. Ist ersatzweise mit Nächstenliebe Staat zu machen, darf sich die Politik auf dem wachsenden Altruismus, auf dem wachsenden Bedürfnis der Menschen, anderen Menschen Zeit, Geld und Rat zu schenken, gar ausruhen und den Rückzug fortsetzen – jene „fürsorgliche Vernachlässigung“, von der Nolte schrieb?

Es wird in Zeiten wachsender Staatsverschuldung unweigerlich genau dazu kommen, aber vergessen werden sollte darüber nicht, dass schon einmal, im 19. Jahrhundert, aus christlicher Nächstenliebe, sozialdemokratischem Klassenbewusstsein und bürgerlicher Vereinskultur jene großen Sozialwerke wuchsen, die heute Caritas und Diakonie, Arbeiter-Samariterbund und Arbeiterwohlfahrt heißen und die viel Nützliches tun, bezahlt mit dem Geld der Steuer- und Beitragszahler. Caritas ist nach dem Staat einer der größten Arbeitgeber Deutschlands geworden – mit einer halben Million hauptamtlicher Mitarbeiter.

Der Politologe Rupert Graf Strachwitz vom Berliner „Maecenata-Institut“ hält den Übergang von freien Initiativen in feste Strukturen denn auch für einen normalen Prozess, bei dem die Protagonisten der Zivilgesellschaft allmählich integriert würden, dabei an Macht und organisatorischer Kraft gewännen, allerdings auch hierarchischer würden und an Innovationskraft verlören. Entscheidend seien deshalb immer neue „Chaoten“. Individuen mit der Unbedingtheit ihres ganz persönlichen Engagements. Angestellte also, die den Hof einer Teestube für Obdachlose begrünen. Manager, die in Bahnhofsmissionen helfen. Handwerksmeister, die mit Schülern Motoren basteln. Schraubenfabrikanten, die internationale Begegnungen junger Musiker ermöglichen. Nobelpreisträgerinnen, die jungen Wissenschaftlerinnen Zuschüsse für die Kinderbetreuung zahlen.

Sie alle schaffen, was der US-Soziologe Robert Putnam „bridging social capital“ genannt hat: menschliche Brückenschläge. Oder auch: jenen sozialen Kitt aus Vertrauen und Respekt, mit dem sich die Risse zwischen den auf Individualisierung getrimmten, voneinander entfremdeten Gesellschaftsschichten flicken lassen können. Sie versuchen es zumindest auch dann, wenn stimmen sollte, was die misanthropische Sicht auf diese Entwicklung ist. Die Kritik der ewig Kritischen lautet: Es gebe eine neue Diktatur der guten Werte, und deren Helden und Vorbilder kämen bevorzugt aus der Mittelschicht oder, schlimmer noch, den Kreisen der Millionäre, gebildet, sprachgewandt, eigenmächtig – und jede ihrer Hilfen berge eine weitere Frustration für jene, denen da geholfen werde. Anders gesagt: Jeder Empfang einer Wohltat mache den Empfänger nur schwächer, oktroyiere ihm Dankbarkeit.

Aber abgesehen davon, dass diese Sicht den Millionen sich engagierender Kleinverdiener nicht gerecht wird und auch jedem Mitglied der freiwilligen Feuerwehr nicht, und abgesehen davon, dass es billig ist, einem Bill Gates in seinem Engagement gegen die Malaria zu misstrauen, nur weil er selber überreichlich von der Sonne beschienen wird, ist diese Kritik auch dumm beim Blick auf jene, die Hilfe brauchen. Denn für sie gilt schließlich nur eines: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es für sie. Und Weltverbesserer im Salon tun gewöhnlich nicht viel.

Und jene, die tatsächlich viel tun? „Erfolge sind wie Kakteen, man darf sich nicht draufsetzen“, sagt Ann Kathrin Linsenhoff, Dressurweltmeisterin, Millionenerbin, bei Unicef engagiert. Also setzt sie sich nicht hin, sondern handelt und steht ein, obwohl sie es kommod haben könnte auf der Beletage des Vordertaunus. Linsenhoff, nur ein Beispiel, engagiert sich glühend für Afrika. Und für das „Unicef-Foto des Jahres“, das ein ganz gutes Beispiel dafür ist, was unsere Hilfsimpulse auslösen könnte – oder auch stört.

Und damit bin ich, naheliegend in einem Medienhaus, auch bei uns Journalisten. Nicht beim Verlagshaus Gruner + Jahr oder beim Mehrheitseigner Bertelsmann im Ganzen, sondern bei einem Lackmus-Test für jeden Einzelnen in seiner alltäglichen Profession. Es bietet sich bei Geo an, die Fotografen als Beispiel dafür zu nehmen. Jene, die ein Bild von der Welt zu unserem Weltbild machen.

Wir können sie als Prüfsteine für unser eigenes Mitgefühl nehmen – oder für die Grenzen der menschlichen Empathie, für unseren Umgang mit dem Leid.

Jeder Journalist, der keinen Marmorbruch anstelle seines Herzens hat, kennt das ungemütliche Gefühl: Er wird Geld verdienen mit dem Leid, das er mit seiner Digitalkamera dokumentiert hat. Und während er im Landeanflug auf Kopenhagen oder New York oder Frankfurt ist, werden die Menschen auf seinen Bildern, die er in Tripolis zurückließ, in einem Flüchtlingszelt, in den Straßen von Cuidad Juárez, in einem chinesischen Waisenheim, weiter zittern, werden sie weiter hungern, weiter obdachlos sein, weiter fliehen, weiter geschlagen, vielleicht schon nicht mehr leben. Er wird gute Bilder gemacht haben und vielleicht in einem Kulturhaus seiner Heimatstadt hören, er mache sogar zu gute Bilder vom Leid auf der Welt, er dürfe nicht in Farbe arbeiten, er ästhetisiere. Er beute aus, ja, es sei eine Art Katastrophen-Pornografie, die er da bediene. Das Misstrauen ist groß geworden in unserer Gesellschaft, übermächtig oft schon. Alles sei doch Geschäft, argwöhnen viele, Zeitzeugenschaft doch nur Voyeurismus.

Und die nicht so Zynischen fragen den Reporter in heiliger Naivität, weshalb er die Exekution denn nicht verhindert habe, dem Gewalttäter denn nicht die Waffe aus der Hand geschlagen habe. Weshalb er das hungernde Kind denn nicht adoptiert habe. Weshalb er den prügelnden Vater denn nicht persönlich der Polizei übergeben habe. Und die Aufmerksamen bitten die Redaktion, doch noch einmal nachzuschauen, ein Jahr später, was denn nun aus dem moldawischen Kind geworden sei, das man weinend am Telefon sehen konnte, mit den in Italien arbeitenden Eltern sprechend.

Was also bedeutet es für Journalisten, sich nicht nur mit Bilanzpressekonferenzen zu befassen, nicht auf den Sieger des Formel-Eins-Rennens zu warten oder der Feier eines in Deutschland gesuchten und gefundenen Superstars beizuwohnen, sondern zum Beispiel von der Gewalt gegen Kinder zu erzählen, der manifesten und der strukturellen? Was bedeutet es für einen Fotografen oder Autoren, japanische Greisinnen, in Decken gehüllt vor sich hinstarrend, in einem Behelfsheim an Japans katastrophengeprüfter Ostküste zu erleben? Oder 14-jährige afrikanische Mädchen mit ihren Babys, gezeugt von Vergewaltigern, die im Bürgerkrieg über sie herfielen? Es bedeutet, dass nicht zu viel verlangt werden darf von einem Berichterstatter solcher Geschichten. Dass der Mensch nicht um jeden Toten gleichermaßen trauern kann, ist eine Überlebenskonstante, die auch für Journalisten nicht außer Kraft gesetzt ist. Und auch die selbstlosesten Ärzte ohne Grenzen, die tapfersten Männer vom Technischen Hilfswerk werden das Gewehrfeuer und die einstürzenden Dächer über sich zu meiden versuchen im letzten Moment.

Aber wie den Arzt ohne Grenzen, wie den Mann vom Technischen Hilfswerk, wie den Unicef-Mitarbeiter in Ruanda gibt es glücklicherweise nicht wenige Journalisten, die zu Empathie fähig sind. Der Vorwurf der Sensationsgier muss sie nicht treffen. Sie berauschen sich nicht, sie berichten. Sie führen nicht vor, sie nehmen teil. Sie arbeiten nicht ab, sie arbeiten sich ein. Sie rauben Geschichten nicht, sie überbringen sie. Und sie gehen an die Grenze, hinter der es für sie selber ungewiss wird.

Etwas Altmodisches ist da oft im Spiel: Verantwortungsgefühl. Als die deutsche Botschaft einer gefährdeten jungen Journalistin in der heißen Phase der ägyptischen Revolution einen Platz im Flugzeug anbot, sagte sie: „Danke, aber ich habe hier zu tun.“ Als Gaddafi begann, auf sein Volk zu schießen, kündigte ein 24-Jähriger seinen gesicherten Redakteursjob in Hamburg, um nach Libyen zu gehen. Als die Praktikantin der Bildredaktion ihren ersten Schritt in den Journalismus ohne Netz und doppelten Boden ging, wählte sie sich als Thema die verlassenen Kinder von Moldawien.

Und da ist zum Beispiel die Geschichte der Belgierin Alice Smeets, erst 21 Jahre alt, und es war ihre erste große Reportage, mit der sie gleich eine Auszeichnung gewann. Mit dem Foto eines Mädchens in blütenweißem Kleid, das wie ein trotziger Engel durch den Müll eines haitianischen Elendsviertels stapfte. Nach Haiti zu gehen, in eines der ärmsten Länder der westlichen Hemisphäre, leidgeprüft wie kaum ein anderes, war Smeets persönlicher Entschluss, nachdem sie sich mit der Geschichte dieses Landes auseinandergesetzt hatte.

Sie sparte für die Reise – und ging auf eigene Faust dorthin, „wo es wehtut“. Sie traf Menschen, die ihr Hungergefühl mit „Schlammkuchen“ bekämpften, gesalzener und gebackener Erde. Menschen, die vom Verkauf einzelner Zündhölzer zu überleben versuchten. Sie ging in desaströse Hospitäler, Waisenhäuser, selbst in die Leichenhallen des Zentralhospitals der Hauptstadt Port-au-Prince, wo sie sah, „was nichts für schwache Nerven ist“: Leiber, für deren Beerdigung niemand Geld aufbringen wollte oder konnte.

Der Verdacht, der ihr mitunter begegnete, sie werde mit Bildern solchen Elends in Europa womöglich „reich“, ließ sie nach Belgien zurückkehren und dort für die Menschen in Haiti sammeln. Bei einer zweiten Reise auf die Karibikinsel verteilte sie das Geld in Krankenhäusern und auf der Straße. Und „reich“ wurde sie selbstverständlich nicht – Zeitschriften, denen Smeets ihr Material anbot, fanden es, wie sie sagte, „zu traurig für die Leser“.

Dies ist kein Hohelied. Nur eine kleine Dankbarkeitsadresse an jene, die mit Kamera und Wörtern versuchen, aufmerksam zu machen auf das, was wir nicht wissen. Und manchmal auch nicht wissen wollen. Denn wenn Armut keine Anmut hat, wenn Armut nur Armut ist, bedrängt sie ja und bedrückt; es stört, Waisenkinder mit Gaumenspalte im Dreck eines Hinterhofs liegen zu sehen. Es macht wütend, zwangsverheiratete Zwölfjährige neben greisen Paschas entseelt in die Kamera schauen zu sehen.

Doch zugleich sind diese Bilder ja die Hefe für jenen Gemeinsinn, der uns zur Weltfamilie machen könnte. Eine Erinnerung an das, was auf der Agenda steht.

Auf der Agenda eines Medienhauses steht deshalb auch dies: Wir müssen in engagierte Köpfe investieren, nicht nur in Konzepte. Wir haben kreative Überraschungen mindestens ebenso nötig wie Organigramme, merkwürdige Überzeugungstäter nötiger als das Millimeterpapier. Und bei allem Respekt für die Leistungen der Möglichmacher und Planer und Benchmarker: Ohne jene Journalisten, die den Reinraum der Planung verlassen, muss Engagement etwas Blutleeres bleiben. Masterpläne sind nur dann gut, wenn sie Individualität nicht ersticken, wenn Zielabsprachen nicht zur Salzkruste werden, die den mitmenschlichen Instinkt begraben: die Spontaneität. Also den Impuls, sich zu engagieren. Über die Straße hinweg. Und in dieser Welt.

Peter-Matthias Gaede ist Chefredakteur des G+J-Magazins „Geo“ und engagiert sich persönlich für das Kinderhilfswerk Unicef.