News | Hilversum, 31.05.2023

„Wir sind immer auf der Suche nach neuen Genres und Formaten“

Boost@Bertelsmann: RTL Nederland

Ellen van den Berghe, Chief Marketing Officer von RTL Nederland, spricht im Interview über die Entwicklung und das Marktumfeld der erfolgreichen Streaming-Plattform Videoland sowie über künftige Projekte.

Ellen van den Berghe ist seit Februar 2023 Chief Marketing Officer (CMO) und Mitglied des Executive Board von RTL Nederland und damit zuständig für Marketing- und Aktivitäten im Bereich der Kundenwerbung. Das Unternehmen kennt sie allerdings schon sehr viel länger: Sie war bereits 2011 als Trainee zu RTL Nederland gekommen und hat seitdem verschiedene Positionen im Bereich Content und Video-on-Demand bekleidet. Von Anfang an war sie auch an der Entwicklung von Videoland beteiligt, der erfolgreichen Streaming-Plattform von RTL Nederland. 2017 wurde sie Head of Content von Videoland, wo sie unter anderem für die Content-Strategie verantwortlich war. Videoland war 1984 als Videothekenkette gegründet worden, 2013 übernahm RTL Nederland den digitalen Zweig von Videoland und baute das Video-on-Demand-Angebot mit Filmen, Serien und Dokumentationen von RTL-Nederland-Sendern aus, ergänzt um eigenproduzierte Programme. Seit Anfang 2014 können Formate von RTL 4, RTL 5, RTL 7 und RTL 8 über Videoland bereits vor der Ausstrahlung im Fernsehen angesehen werden; später kam die Möglichkeit hinzu, die Programme auch live über Videoland anzuschauen. Ebenfalls 2013 startete Videoland seinen Subscription-Video-on-Demand (SVoD)-Service – also den Streaming-Service auf Abonnement-Basis – und hat seitdem immer wieder spannende neue Formate gezeigt, die Zuschauerinnen und Zuschauer in den Niederlanden, aber auch international begeistern. Darunter sind Formate wie das erste Videoland-Original, die Dramaserie „Zwarte Tulp“, die Krimiserie „Mocro Maffia“ über die Bandenkriege in Amsterdam, das Reality-Adventure „Special Forces VIPS“, die neue True-Crime-Serie „Bureau Dupin“ über die niederländische Bürgerinitiative für die Aufklärung ungelöster Mordfälle, die erste TV-Dokumentation über den umstrittenen niederländischen Prinzen, „Prins Bernhard“, und eine Serie über Königin Máxima der Niederlande, die im kommenden Jahr zu sehen sein soll. Die Zahl der zahlenden Abonnent:innen von Videoland stieg von 1,136 Millionen Ende März 2022 auf 1,243 Millionen Ende März 2023 an – mit weiterhin steigender Tendenz. Damit ist der Streaming-Dienst die Nummer zwei auf dem niederländischen Markt. Videoland bietet drei verschiedene Preismodelle an: Ab dem 20. Juni 2023 sind es für das „Premium“-Paket 11,99 Euro im Monat mit vier gleichzeitigen Nutzer:innen, für das „Plus“-Paket 9,99 Euro monatlich für zwei gleichzeitige Nutzer:innen – beide Pakete sind werbefrei – sowie für das „Basis“-Paket 4,99 Euro im Monat für eine:n Nutzer:in inklusive Werbung, aber ohne „Download to go“-Möglichkeit. Im Interview spricht Ellen van den Berghe über die Entwicklung und das Marktumfeld der Streaming-Plattform sowie über künftige Projekte.

Frau van den Berghe, die Abonnentenzahlen bei Videoland haben sich in den vergangenen Monaten weiter positiv entwickelt. Was macht Sie optimistisch, dass sich dieser Trend fortsetzen wird?

Wir sind optimistisch, weil wir für die nächsten Monate ein attraktives Angebot an Inhalten haben: Dazu gehört es, unseren Zeitplan zu optimieren, aber auch klare Entscheidungen zu treffen, welche Inhalte wir promoten, welche Kanäle wir für das Promoten unserer Inhalte nutzen und auf welche Zielgruppen wir uns konzentrieren, um diese positive Entwicklung fortzusetzen. Gleichzeitig konnten wir die Quote der Nutzerinnen und Nutzer, die ihr Abo wieder kündigen, im Vergleich zum Vorjahr reduzieren. Wir gehen davon aus, dass sich dieser positive Trend fortsetzen wird.

Wollen Sie auch Kundinnen und Kunden von anderen Streaming-Diensten gewinnen oder glauben Sie, dass der Markt generell weiter wachsen wird?

Der Subscription-Video-on-Demand-Markt in den Niederlanden wächst weiter. Die Zahl der SVoD-Abonnements ist 2022 um rund 50 Prozent gewachsen. Mehr als 60 Prozent der niederländischen Haushalte haben mindestens ein SVoD-Abonnement – das ist ein Anstieg von zehn Prozent innerhalb eines Jahres. Gleichzeitig ist die Konkurrenz mit der Einführung von drei neuen Streaming-Diensten – Viaplay, Sky Showtime und HBO Max – gewachsen. Inzwischen haben über 17 Prozent der Haushalte hierzulande vier oder mehr SVoD-Abonnements. Videoland bietet drei Stufen mit unterschiedlichen Preisniveaus an, so dass wir sowohl für Viel- als auch für Wenignutzer:innen relevant sind. Darüber hinaus sehen wir, dass die Aufmerksamkeit für Videoland bei älteren Zielgruppen wächst. Wir sind nicht darauf ausgerichtet, anderen Streaming-Diensten die Nutzer:innen wegzunehmen. Als der führende Streaming-Dienst in den Niederlanden mit lokalen Inhalten verfügen wir über ein einzigartiges Angebot. Außerdem haben wir unsere linearen Kanäle mit einbezogen und bieten die Möglichkeit, alle unsere Inhalte später noch einmal anzusehen, die sogenannten Catch-up-Videos. Zudem haben wir exklusive Vorschauen alle unseren linearen Inhalte im Programm. Als Nummer zwei auf dem niederländischen TV-Streaming-Markt sind wir zuversichtlich, dass wir auf einem guten Weg sind.

Warum ist Videoland in den Niederlanden so erfolgreich und was unterscheidet Videoland von anderen Streaming-Plattformen?

In erster Linie sind es die Inhalte. Unsere oberste Priorität ist es, außergewöhnliche, lokale Videoland-Originale zu liefern, die unser Publikum fesseln und begeistern. Jedes Jahr produzieren wir mehr als 50 verschiedene Videoland-Originalformate. Lokale Inhalte sind das Herzstück unseres Streaming-Geschäfts und das, was uns von der Konkurrenz unterscheidet. Im vergangenen Jahr haben wir darüber hinaus mit Live-Inhalten wie Kickboxen und Musikkonzerten begonnen. Bei beiden Formaten können wir uns über sehr vielversprechende Nutzerzahlen freuen, aber wir probieren auch hier noch, was am besten funktioniert. Zudem arbeiten wir eng mit niederländischen Talenten zusammen – vor und hinter den Kulissen –, und wir sind bereit, große kreative Freiheit zu geben. Wenn wir etwas wirklich wollen, können wir es an einem Tag ohne Diskussion mit einem Vorgesetzten auf der anderen Seite des Atlantiks umsetzen. Und nicht zuletzt haben wir starke Marketing- und Kommunikationsabteilungen, die es verstehen, die Inhalte auf den Markt und zu den Zielgruppen zu bringen.

Gibt es eine bestimmte Zielgruppe, auf die Videoland besonders fokussiert ist?

Wir sind sehr stark in der Zielgruppe der 18- bis 35-jährigen Frauen und besonders bei den „Excitement Seekers“ und „Family Viewers“ – zwei Zielgruppen, die stark auf SVoD ausgerichtet sind und gleichzeitig zu unserer DNA und unserer Herkunft als kommerzieller TV-Gruppe passen. Großes Wachstumspotenzial sehen wir in der Altersgruppe der 35- bis 55-Jährigen. Unter anderem haben wir eine Reihe von „männlichen“ Inhalten wie „Special Forces VIPS“, „Glory Kickboxing“ und „Bellator“, eine der größten Mixed Martial Arts (MMA)-Ligen, erworben. In beiden Ligen sind niederländische Sportler stark vertreten, das ist wichtig für uns. Für die Zielgruppe der 35- bis 55-Jährigen veröffentlichen wir mehr Dokumentarfilme, zum Beispiel über Prinz Bernhard, oder „Kees Vliegt Uit“ („Kees fliegt aus“), einen Film, der einen Mann über 50 mit Autismus bei seinem Ablösungsprozess von seinen älter werdenden Eltern begleitet.

Welche Genres waren in der jüngsten Vergangenheit besonders beliebt?

Die beliebtesten Genres sind niederländische Drama- und Reality-Formate, aber auch True Crime, Dokumentationen und Kickboxen. Die großen Hits der vergangenen Monate bei Videoland sind „Echte Meisjes in de Jungle“ („Reality-Queens im Dschungel“), die bereits erwähnte Dokumentation „Kees Vliegt Uit“ und der Mocro-Maffia-Film „Tatta“.

Was ist das Besondere an diesen besonders gefragten Formaten?

Alle Geschichten, die wir zeigen, haben einen lokalen Bezug. Hochkarätige niederländische Geschichten, über die die Menschen gern reden, die einen Bezug zu aktuellen Ereignissen haben. Und wir haben Zugang zu Talenten, Ressourcen und Sprechern, die unsere Inhalte auf eine andere Ebene bringen können. Zum Beispiel John van den Heuvel, einen der besten niederländischen Kriminaljournalisten.

Was ist insgesamt das Besondere am niederländischen Fernsehmarkt?

Der niederländische Markt ist traditionell stark in der Einführung und Erprobung neuer Formate. Dafür ist auch RTL Nederland bekannt. Große Hits wie „The Voice“ und „Big Brother“, aber auch die jüngste Hit-Show „The Traitors“ sind alle bei RTL in den Niederlanden gestartet. Videoland ist auch eine einzigartige Geschichte auf dem Streaming-Markt. Eine Position als Nummer zwei für eine nationale Streaming-Plattform ist in anderen Ländern selten.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den linearen Fernsehsendern von RTL Nederland?

Wir sehen das lineare und unser SVoD-Geschäft als eine ideale Kombination. Beide ergänzen sich in Bezug auf Zuschauer:innen und Sehverhalten. Formate wie „B&B Full of Love“ laufen sehr gut im linearen Fernsehen, sorgen aber gleichzeitig auch für neue Abonnenten und hohe Nutzungszahlen bei Videoland. Gleichzeitig sehen wir, dass der Prozentsatz der zeitversetzt konsumierenden Zuschauer:innen in den Niederlanden bei einigen Primetime-Formaten auf über 50 Prozent steigt. Wir wollen, dass diese Zuschauerinnen und Zuschauer ihre Lieblingssendungen auf einer RTL-Plattform nachträglich ansehen können, dafür ist Videoland ideal.

Was sind die wichtigsten Faktoren, die den Erfolg einer Sendung beeinflussen?

Dafür gibt es mehrere Schlüsselfaktoren. In erster Linie sind es, wie gesagt, die Inhalte, dann der lokale Bezug, das Talent oder die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und ob die Sendung eine bestimmte Zielgruppe anspricht, ob sie eine gewisse Aktualität hat und ob die Menschen über die Geschichte sprechen werden.

Gibt es Pläne für ganz neue Wege – etwa in Bezug auf das Genre oder das Format?

Wir sind immer auf der Suche nach neuen Genres und Formaten. Aber unser Hauptaugenmerk liegt auf vier Säulen: Wir wollen die Heimat für niederländische Drama-, Reality-, True-Crime- und Kampfsport-Formate sein.

Gibt es bereits spannende Projekte für die Zukunft, die Sie ankündigen können?

Wir entwickeln derzeit ein kostenloses Angebot für Videoland, das die Sieben-Tage-Catch-up-Plattform RTL XL ersetzen wird. Damit werden wir viele neue Kundinnen und Kunden gewinnen können und uns die Möglichkeit geben, sie für ein kostenpflichtiges Angebot zu interessieren. Und wir erweitern unser Live-Angebot für unsere Kundinnen und Kunden. Im vergangenen Jahr haben wir bereits Live-Events wie eben „Glory Kickboxing“ und Konzerte wie „Guus Meeuwis: Groots met een Zachte G“, „Vrienden van Amstel Live“ und „Holland zingt Hazes“ gezeigt. Die meisten dieser Konzerte haben wir auch in diesem Jahr wieder im Programm. Zudem freuen wir uns erneut über Live-Sportveranstaltungen von „Bellator MMA“ und das Musikevent „Concert at Sea“. Aber das wird längst noch nicht alles sein.