News | Gütersloh, 30.05.2023

Weltweit starkes Wachstum

Boost@Bertelsmann: Arvato

Kleidungsstücke, Elektronikartikel, Kosmetikprodukte, Medikamente und vieles andere mehr: Wer online bestellt, bekommt seine Einkäufe in zahlreichen Ländern über Distributionszentren von Arvato ausgeliefert. Ein Geschäft, in das Bertelsmann viel Geld investiert hat – und weiter investieren wird.

Das sogenannte Shuttle ist eines der technischen Highlights im modernen Logistikzentrum von Arvato im westfälischen Hamm. „Bei den Shuttles handelt es sich um automatisierte Wagen, die computergesteuert Kisten mit verschiedenen Produkten unseres Geschäftspartners Douglas aus dem Lager holen“, erklärt Standortleiter Christian Schmidt. „Die Kisten gelangen dann über ein intelligent gesteuertes Fördersystem zu den Mitarbeitenden, die die online eingegangenen Bestellungen kommissionieren.“ Rund 220 Mitarbeitende kümmern sich in zwei Schichten um die vielfältigen Arbeitsabläufe in Hamm. Ende des Jahres plant Arvato mit 300 Mitarbeitenden. Bis zu 100.000 Artikel können hier derzeit pro Tag an die Kunden verschickt werden. Was in den Hallen mit rund 38.000 Quadratmetern Lagerfläche in direkter Nähe zur Autobahn A2 nahezu reibungslos funktioniert – die Anlage hat nach ihrem Start im September 2022 längst noch nicht ihre geplante Maximalauslastung erreicht –, ist das Ergebnis umfangreicher Investitionen, die Arvato auch im Rahmen der Boost-Strategie von Bertelsmann in verschiedenen Ländern der Welt vorgenommen hat. Das hohe Tempo beim Ausbau von Logistikkapazitäten soll weiter beibehalten werden, versichert Frank Schirrmeister, CEO von Arvato, im Gespräch.

„Unser Gesamtumsatz ist allein in den beiden vergangenen Jahren jeweils um 15 Prozent gestiegen“, macht er die Dimension des Wachstums von Arvato klar. „Und dabei handelt es sich vorwiegend um organisches Wachstum, also den Ausbau unserer Geschäfte ohne Aufkäufe anderer Unternehmen“, betont er. „Wir haben Distributionszentren an bestehenden Standorten erweitert, aber auch neue Standorte in verschiedenen Ländern aufgebaut“, so Frank Schirrmeister weiter. Die Liste der Länder, in denen Arvato nun vertreten ist, wird damit länger und länger: Inzwischen sind es 97 Standorte in 17 Ländern weltweit mit gut 17.500 Mitarbeitenden, darunter die USA als stark wachsender Markt. Arvato bietet seinen mehr als 500 Kunden auf einer Lagerfläche von mehr als 2,5 Millionen Quadratmetern Logistikdienstleistungen wie Warehousing, Kommissionierung und Transportmanagement. Darüber hinaus entwickelt und betreibt Arvato ebenso komplexe wie globale Supply-Chain-, E-Commerce- und Omnichannel-Lösungen sowie digitale Distributionsmodelle mit neuesten IT-Lösungen und Technologien. Der Vorteil für die Geschäftspartner: Alle Dienstleistungen sind modular aufgebaut, können also je nach Wunsch miteinander kombiniert werden. Ebenso vielfältig ist auch das Portfolio der Branchen, aus denen die Kunden von Arvato stammen: Consumer Products, Healthcare, Hightech, Automotive und Verlagswesen.

Komplettlösung Omnichannel-Vertrieb

„Unsere Kernkompetenz liegt im Geschäft in endkundenorientierten Branchen, also mit Unternehmen, die ihre Waren und Dienstleistungen an Verbraucherinnen und Verbraucher verkaufen“, führt Frank Schirrmeister aus. „Je nach Standort und Kunde versorgen wir die Filialen unserer Partner oder liefern in ihrem Auftrag die über einen Onlineshop beziehungsweise Onlinemarktplatz eingegangenen Bestellungen nach Hause aus. Die Komplettlösung nennen wir Omnichannel-Vertrieb.“ Das B2B-Geschäft wie etwa die Logistik innerhalb eines Betriebs oder zwischen den Standorten von Kunden gehöre hingegen ebenso wenig zum Portfolio wie Services zum Beispiel für die Nahrungs-, Chemie- oder Ölindustrie, „weil sich das alles für uns wegen der geringeren Wertschöpfung nicht lohnen würde“, erklärt der Arvato-CEO.

Deutliches Wachstum verzeichnete Arvato in den vergangenen Jahren vor allem im Segment Consumer Products mit Services für renommierte Marken aus den Bereichen Fashion, Beauty, Sports und Lifestyle, im Segment Technologie mit Dienstleistungen für die Hightech- und Consumer-Electronics-Industrie und im Segment Healthcare mit Lösungen, die alle Akteure im Gesundheitswesen – vom Pharmahersteller über Labore und Lieferanten bis zum Patienten – einbinden. „Hier haben wir in den vergangenen beiden Jahren deutlich an Kapazitäten zulegen können. Zum einen, weil unsere bestehenden Kunden neue und zum Teil größere Aufträge ausgeschrieben haben, die wir uns dann sichern konnten. Zum anderen, weil wir ganz neue Kunden in diesen Marktsektoren hinzugewinnen konnten“, so Schirrmeister. Es habe also schlichtweg die Notwendigkeit für den Aus- und Aufbau von Standorten bestanden. Zu den Kunden von Arvato gehören bekannte Konzerne wie Rituals, Douglas, Esprit, Zalando und Sephora aus dem Bereich Consumer Products, Microsoft, Apple, Sennheiser und Harman aus dem Tech-Bereich sowie Otsuka und Olympus aus dem Bereich Healthcare.

Neues Logistikzentrum für Meta

Allein im vergangenen Jahr ist Arvato an verschiedenen Standorten rund um den Globus gewachsen. „In Las Vegas haben wir beispielsweise ein komplett neues Logistikzentrum eröffnet, um unseren großen Partner Meta besser mit Elektronikbauteilen für die Serverparks in seinen Rechenzentren an der US-Westküste versorgen zu können“, beginnt Frank Schirrmeister eine längere Aufzählung. In Louisville im Bundesstaat Kentucky wird ein fünftes Distributionszentrum errichtet, das Tech-Produkte an Endkunden ausliefern wird. „Im vergangenen Jahr haben wir zudem in den USA den Markteintritt im Bereich Healthcare gewagt“, fährt Schirrmeister fort. „Nachdem wir vor drei Jahren Smith & Nephew, einen der größten Orthopädiehersteller der Welt, als Kunden in Europa gewonnen hatten, haben wir zu Beginn dieses Jahres ein Lager von Smith & Nephew in Memphis, Tennessee, übernommen und kräftig darin investiert, unter anderem in die Automatisierung.“ Der riesige Logistikkomplex im niederländischen Gennep sei ebenfalls nochmals erweitert worden, um mit Kunden wie dem Audiotechnologieunternehmen Harman weiter zu wachsen. Mit rund 230.000 Quadratmetern Lagerfläche sei Gennep inzwischen eines der größten Distributionszentren Europas, so Schirrmeister. „In Frankreich haben wir unser Logistikzentrum in Chanteloup-en-Brie bei Paris ausgebaut, um unter anderem dem Pharmakonzern Roche innerhalb Europas noch mehr Services bieten zu können“, setzt der CEO seine Aufzählung fort. In Italien habe Arvato eine Akquisition getätigt und im Oktober 2022 den Logistikdienstleister Quickly samt seinem 14.000 Quadratmeter großen Standort in Anagni bei Rom übernommen – eine Ausnahme vom strategischen Prinzip des organischen Wachstums. Denn Arvato hat mehrere strategische Kunden der Quickly-Gruppe in sein eigenes Portfolio integriert.

Und das ist längst noch nicht alles: Am Stammsitz Gütersloh hat das Unternehmen 2022 ein neues Lager mit 30.000 Palettenplätzen errichtet – direkt neben dem bestehenden, 70 Meter hohen Hochregallager, das derzeit modernisiert wird. Nach mehr als 40 Jahren im Dauereinsatz und insgesamt rund 50 Millionen Fahrten werden für mehrere Millionen Euro alle 14 Regalbediengeräte im Hochregallager ausgetauscht. „In Großbritannien haben wir auf vielfache Anfragen unserer Kunden aus der Tech- und Healthcare-Branche, die der Zollproblematik aufgrund des Brexits aus dem Wege gehen wollen, reagiert und ein neues Logistikzentrum in den East Midlands mit 20.000 Quadratmetern Lagerfläche gebaut“, fährt Frank Schirrmeister fort. In der Türkei wachse Arvato mit starken globalen Marken wie Ikea und H&M, aber auch mit nationalen Unternehmen kontinuierlich – 2022 sei nahe Istanbul das inzwischen siebte Distributionszentrum eröffnet worden. Und in Australien habe man, fügt Schirrmeister hinzu, ein Werk aufgebaut, bevor Verträge unter Dach und Fach waren – in der Voraussicht, dass sich Kunden wie Microsoft, Apple und Meta in Kürze für Dienstleistungen von Arvato made in Australia interessieren würden, die bis dato von Arvato von Singapur aus erledigt worden waren. „Das hat, wie von uns prognostiziert, in der Tat nicht lange gedauert“, berichtet der CEO zufrieden.

Umsatz in den USA wächst deutlich

Die Internationalisierung der Geschäfte schreitet, wie an der langen und längst nicht vollständigen Liste an Investitionen zu erkennen ist, schnell voran: Während vor nicht einmal fünf Jahren drei Viertel des Umsatzes von Arvato allein auf Deutschland entfielen, ist dieser Anteil inzwischen auf rund 50 Prozent gesunken. In den USA erzielt Arvato mit aktuell rund 1.200 Mitarbeitenden bereits gut 15 Prozent seiner Umsätze – mit deutlich steigender Tendenz. In den Niederlanden und Polen sind es jeweils zehn Prozent, in Frankreich sechs Prozent und in Asien, also in China und Singapur, drei Prozent. Die übrigen Anteile entfallen auf die Niederlassungen in der Türkei sowie auf Großbritannien, Spanien, Italien, Österreich, Frankreich, Irland, Brasilien und Australien.

Besonders große Hoffnung setzt Arvato auf die USA. „Die USA haben für uns in mehrfacher Hinsicht eine strategische Bedeutung“, sagt Mitat Aydindag, seit 2018 President North America von Arvato. „Das Land ist für sich schon ein sehr großer Markt mit vielen großen und entsprechend attraktiven Kunden und obendrein einer der wichtigsten Märkte für neue Technologien und den Healthcare-Bereich. 2016 konnten wir zum Beispiel Microsoft als großen neuen Geschäftspartner in den USA gewinnen. Zuständig waren von Anfang an die Kolleginnen und Kollegen in Louisville, Kentucky, und Ontario, einer Stadt in Kalifornien“, zählt Aydindag auf. „Zudem handelt es sich in den USA – wie im Falle von Microsoft – oft um global tätige Unternehmen, denen internationale Präsenz wichtig ist und mit denen wir später Verträge für Dienstleistungen in weiteren Regionen oder sogar weltweit abschließen können. Genau das ist uns mit dem ursprünglichen US-Kunden Microsoft gelungen, für den wir 2017 innerhalb kurzer Zeit Services im niederländischen Gennep für Europa und später in Hongkong für Asien aufgebaut haben. Dabei konnten wir von dem Know-how profitieren, das wir in den USA mit Microsoft gesammelt hatten.“ Die USA dienten also gleichsam als Wachstumstreiber für Geschäfte in anderen Ländern, so Aydindag. Wie an vielen anderen Standorten auch sei es jedoch eine große Herausforderung, qualifizierte Fachkräfte zu finden, um das Wachstumstempo annähernd beibehalten zu können. Natürlich habe man Unterstützung aus Deutschland und Europa bekommen. Arvato startete im Jahr 2022 das Mobilitätsprogramm „Apollo“, um Expertinnen und Experten aus ganz Europa für freie Stellen in den USA zu begeistern, unter anderem in den Bereichen Key Account Management, IT oder Zollmanagement. Doch angesichts eines leergefegten Arbeitsmarktes stelle es sich auch immer wieder als Problem heraus, Mitarbeitende für die Warenlager zu gewinnen, berichtet Mitat Aydindag.

Einheitliches Branding und operativ integriert

„Der Logistikmarkt ist extrem fragmentiert. Und wir zählen darin weder zu den kleinen noch zu den ganz großen Dienstleistern, aber mit Sicherheit für die von uns betreuten Kunden zu den attraktivsten“, erläutert CEO Frank Schirrmeister die starke internationale Präsenz von Arvato. „Zu unseren größten Stärken gehört, dass wir nicht bloß ein einheitliches Branding besitzen, sondern operativ integriert sind und in globalen Teams arbeiten“, zählt er auf. „Um das zu erreichen, haben wir selbst in der Coronakrise entsprechende strategische Projekte vorangetrieben und verfügen nun über eine weltweit einheitliche und via Cloud zugängliche IT-Infrastruktur, über die zentrale Anwendungen wie Reporting-Tools, aber auch andere IT-Applikationen genutzt werden können. Das versetzt jede Unternehmenseinheit in die Lage, relevante Daten und Wissen auszutauschen, mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Einheiten Arbeitsgruppen zu bilden, zielgenau miteinander zu kommunizieren und auf Basis dieser Kompetenzen unsere Kunden in allen Ländern und Märkten mit derselben Qualität – auch der Daten – zu bedienen“, stellt Schirrmeister heraus. Ein zentrales Key Account Management stehe ihnen als Hauptansprechpartner für alle Anfragen zur Verfügung und gebe diese an die jeweiligen Expertinnen und Experten bei Arvato weiter. „Gerade das ist für viele Kunden interessant, wenn sie international expandieren wollen. Sie wissen, dass sie bei uns die gleiche Leistung in gleicher Qualität bekommen, egal, in welchen wichtigen Markt sie streben“, so Frank Schirrmeister. „Und wir müssen nicht alle Prozesse von Neuem anstoßen, sondern erledigen das über unsere zentralen Plattformen. Da sind wir deutlich weiter als die meisten Wettbewerber.“

Ähnliches gelte auch für die Automatisierung von Logistikprozessen in den Distributionszentren, wie sie bei Arvato seit Jahren stark vorangetrieben wird. Seien es vor wenigen Jahren noch die jeweiligen Standortleiter gewesen, die vor Ort überlegen konnten, welche Investitionen zum Beispiel in eine IT-Lösung oder sogar ein neues Fördersystem sich lohnen und welche nicht, nutzt Arvato hierfür inzwischen sein zentrales Know-how. „Wir haben in den vergangenen Jahren eine Menge Erfahrungen gesammelt, wie und für welche Prozesse solche aufwendigen Förderanlagen betrieben werden sollten“, erklärt der CEO. „Ihre Dimensionierung und ihre Installation ist eine große Herausforderung. Und nicht für jedes Distributionszentrum und für jeden Kunden ist das der geeignete Weg. Aber wenn es das ist und sich der Aufwand in angemessener Zeit lohnt, wissen unsere Experten genau, wie wir es am besten anstellen. Sie werden dann vor Ort als Berater eingesetzt.“

Hochgradig automatisierter Prozess

In Hamm hat sich dieser Aufwand gelohnt – nach Angaben von Frank Schirrmeister war der Aufbau des hochmodernen Distributionszentrums für mehr als 70 Millionen Euro die bislang größte Investition in der Geschichte von Arvato. Standortleiter Christian Schmidt, der seit 1988 bei Bertelsmann ist und für Arvato 18 Jahre in verschiedenen Führungsaufgaben in mehreren Ländern tätig war, zeigt sich beim Rundgang durch die Hallen entsprechend zufrieden. „Mit der Technik können wir deutlich mehr Bestellungen am Tag bearbeiten, als es manuell möglich wäre“, betont er. Denn die eingangs erwähnten Shuttles werden in Hamm um eine nicht minder intelligente Fördertechnik mit einer Gesamtlänge von rund sieben Kilometern ergänzt. Sie sorgt in einem hochgradig automatisierten Prozess zunächst dafür, leere Kartons in der zur Bestellung passenden Größe auszusuchen, möglichst platzsparend zu falten und mit einem computerlesbaren Etikett zu versehen – und dann auf die Reise durch die Hallen zu schicken. Über Rollbänder und mehrere Ebenen erreichen die Kartons zusammen mit den von den Robotersystemen aus dem Lager bereitgestellten dunkelgrauen Kunststoffkisten voller Douglas-Artikel ihr jeweiliges Ziel: einen Arbeitsplatz, an dem eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter an einem Kommissioniertisch steht und zum Beispiel Kosmetikartikel aus einem Fach der grauen Kiste in den bereitstehenden Karton umpackt. Beim Besuch fällt auf, dass auf einem Bildschirm in Kopfhöhe ein Bild zu erkennen ist, das zeigt, in welches Fach der Kiste die Mitarbeiterin greifen und wie viele Artikel sie daraus entnehmen muss – „Pick by light“ nennt sich dieses Verfahren. „Ziel ist es, mit dem Fördersystem die Ware zu den Mitarbeitenden zu holen, damit der Weg zur Ware möglichst kurz ist “, erklärt Christian Schmidt. Die herausgenommenen Artikel packt die Mitarbeiterin wie angezeigt in den Karton vor ihr, bestätigt per Knopfdruck den abgeschlossenen Auftrag und setzt den Karton wieder auf ein Rollband, auf dem er seine Reise durch die Halle Richtung Warenausgang fortsetzt. Dort verlassen jeden Tag rund 200 voll beladene Lkw die Halle – in der Hochsaison auch deutlich mehr. Die graue Kiste indes fährt über andere Rollbänder zurück zum Lager, wo sie von dem Shuttlesystem wieder in einen freien Regalplatz einsortiert wird. „Das System hat sich gemerkt, welche Artikel darin noch enthalten sind, um sie bei nächster Gelegenheit wieder für einen neuen Auftrag hervorzuholen“, erklärt Standortleiter Schmidt.

Hamm ist dabei nur einer von vielen Standorten, an denen Arvato die Automatisierung vorantreibt. Unter anderem in Memphis und Louisville in den USA, in Gennep in den Niederlanden und in Hannover laufen inzwischen immer mehr Arbeitsschritte automatisiert. „Die Vorteile liegen auf der Hand“, erläutert Frank Schirrmeister: „Durch mehr Durchsatz bei weniger Beschäftigten – die sind heute oftmals ohnehin nicht mehr leicht zu bekommen – steigt die Effizienz und damit der Umsatz und die Rentabilität des gesamten Betriebs. Allerdings müssen sich die hohen Investitionen auch amortisieren, das heißt, wir benötigen eine Planungssicherheit für die nächsten Jahre, idealerweise bis zum Abschreibungsende der Kosten. Wir benötigen also Planungssicherheit, und das bedeutet wiederum: Wir investieren in solche Anlagen, wenn wir wissen, dass wir einen Kunden lange behalten werden und über ihn auch große Bestellmengen abwickeln können.“ Zudem sei ein automatisiertes Fördersystem auch nicht für jede Produktart möglich: Kleinere Artikel oder sogenannte Hängeware bei Modeartikeln zum Beispiel ließen sich maschinell schlecht sortieren, so der CEO.

Millionen Euro für die ökologische Energiegewinnung

Großen Wert legt Frank Schirrmeister darüber hinaus auf die Klimaverträglichkeit der Geschäfte von Arvato. Nicht umsonst sind in den vergangenen Jahren viele Millionen Euro in Maßnahmen zur Energieeinsparung und ökologischen Energiegewinnung geflossen. So hat das Unternehmen mit der globalen Umstellung auf Grünstrom begonnen und erst Mitte März die Umstellung der Energieversorgung fünf weiterer Distributionszentren in den USA auf Ökostrom aus Wind- und Sonnenenergie verkündet. Nach dem Warehouse in Pleasant Prairie, Wisconsin, beziehen seitdem auch vier Distributionszentren in Louisville und eines in Valencia im US-Bundesstaat Kalifornien Strom aus erneuerbaren Energien. Dadurch können die jährlichen Treibhausgasemissionen durchschnittlich um etwa 3.100 Tonnen CO2 reduziert werden. „Das war ein weiterer Schritt in unserer Nachhaltigkeitsstrategie, gemeinsam mit Bertelsmann bis 2030 klimaneutral zu sein“, sagt Frank Schirrmeister und betont, wie sehr gerade Kunden aus der Tech-Branche auf eine solche Strategie Wert legten, sie sogar zur Voraussetzung für einen Geschäftsabschluss machten. Um das selbstgesteckte Ziel zu erreichen, sollen in den nächsten Jahren weltweit sämtliche Standorte von Arvato auf Ökostrom umgestellt werden, bekräftigt der CEO. Während das Unternehmen in Louisville mit den beiden örtlichen Stromversogern LG&E und Eastern Kentucky Power Cooperative zusammenarbeitet und „grüne“ Energie einkauft, um den vor Ort verbrauchten Strom auszugleichen, setzt der Standort in Valencia auf die Clean Power Alliance. Dabei handelt es sich um lokale gemeinnützige Stromversorger für 30 Städte in Los Angeles County und Ventura County sowie für weitere Gebiete beider Bezirke. Im Jahr 2020 stammten 70 Prozent des bereitgestellten Stroms aus Sonnenenergie und 30 Prozent aus Windkraft. In beiden Fällen leistet Arvato somit einen Beitrag zur Energiewende in den USA, in deren ländlichen Gebieten dieses Thema bislang noch keine besonders große Rolle spielt und alternative Energien staatlich nicht gefördert werden.

Anders verhält sich das in Deutschland. In Gütersloh errichtete Arvato 2022 zum Beispiel auf insgesamt 46.000 Quadratmetern Dachfläche seiner Lagerhallen Photovoltaikmodule. Die insgesamt drei Millionen Euro teure Anlage erzeugt jährlich rund 3,5 Millionen Kilowattstunden Strom, der zu 100 Prozent vor Ort verbraucht wird. Damit deckt sie umgerechnet den Jahresbedarf von rund 1.000 Drei-Personen-Haushalten. In Hamm betreibt das Unternehmen wie auch an anderen Standorten ein eigenes Blockheizkraftwerk und verfügt ebenfalls über eine Photovoltaikanlage auf dem Dach, hier sind es 31.000 Quadratmeter. „Was umweltfreundliche Energieerzeugung angeht, sind die Voraussetzungen in jedem Land unterschiedlich“, resümiert Frank Schirrmeister und erklärt, wie sich die hohen Energiepreise wirtschaftlich auswirken. „Generell haben wir allein in Deutschland im vergangenen Jahr fast 20 Millionen Euro mehr für die Energieversorgung unserer Betriebe ausgegeben. Wir halten jedoch mit vielen Maßnahmen wie Wärmedämmung, weniger Beleuchtung und eben dem Ausbau der Solarenergie dagegen.“

„Boost beschleunigt unsere Pläne“

Dass Arvato in der Lage sei, an so vielen Standorten Investitionen in neue Technologien vorzunehmen sowie Distributionszentren auszubauen oder an neuen Orten zu eröffnen, sei ganz deutlich auch das Verdienst der Boost-Strategie von Bertelsmann. „Natürlich haben wir schon immer investiert und vieles vorangetrieben“, sagt Frank Schirrmeister. „Aber Boost beschleunigt unsere Pläne und ermöglicht uns erheblich größere Investitionen. Es ist schon ein Riesenstatement von Bertelsmann, das Wachstum von Arvato auf diese Weise zu unterstützen.“ Dieses Wachstum strebt das Unternehmen nach Angaben von Schirrmeister weiterhin vor allem auf organischer Basis an. „Viele Wettbewerber sind Mischkonzerne, die mit Akquisitionen im Logistikbereich vor allem ihre eigene Vertriebssituation stärken wollen. Wir definieren uns aber als Dienstleister für Unternehmen aus zukunftsträchtigen Branchen, der lieber mit seinen Aufträgen wächst.“ Und das geht nach Schirrmeisters Ansicht gut voran: „Wir haben sehr gute, finanziell robuste Kunden, die wir in mehr Ländern als Geschäftspartner gewinnen oder deren Verträge wir erweitern können. Derzeit profitieren wir noch von einem starken Momentum, auch wenn es danach aussieht, dass sich bei einigen Kunden das Geschäft demnächst etwas eintrüben könnte – etwa im Modebereich. Insgesamt sind wir aber sehr vielfältig aufgestellt, so dass wir nach wie vor Rückenwind von unseren Kunden verspüren, neue spannende Aufträge erhalten und weitere Standorte eröffnen und ausbauen werden“, zeigt er sich zuversichtlich und kündigt noch für dieses Jahr weitere größere Investitionen für große Kunden an. Das starke Wachstum der vergangenen beiden Jahre werde Arvato in diesem und im kommenden Jahr wahrscheinlich nicht erreichen, „aber wir werden auf jeden Fall weiterhin sehr zufrieden mit unserer Geschäftsentwicklung sein“, so der CEO. „Wenn das so weitergeht, könnten wir spätestens 2026 einen Rekordumsatz erzielen.“