News | Hamburg, 22.05.2023

Apps für die Welt

Boost@Bertelsmann: Applike Group

Die Applike Group mit Sitz in Hamburg gehört zu den weltweit zehn größten App-Plattformen. Das Geschäft mit App-Vermarktung, Reichweitenaufbau, Mobile-Games-Entwicklung und Automatisierung soll mit umfangreichen Boost-Investitionen kräftig ausgebaut werden.

Die Zahlen sind beeindruckend: Auf rund 100 Milliarden Euro beziffern Expertinnen und Experten den Umsatz, der jährlich weltweit mit Apps für mobile Endgeräte gemacht wird. Die globalen Branding-Werbeumsätze kommen sogar auf ein Volumen von gut 800 Milliarden Euro im Jahr, was potenziell Geld ist, das in den App-Markt fließen kann. Und das Geschäft mit Apps, da sind sich die Fachleute einig, wird weiter wachsen. Dabei sind es nicht nur App-Entwickler, -Betreiber und -Vermarkter in den USA oder in Asien, die in diesem Wachstumsmarkt mitmischen: Zu den zehn größten App-Plattformen der Welt gehört auch die Applike Group in Hamburg. Sie wurde 2015 von Jonas Thiemann und Carlo Szelinsky mit Gruner + Jahr als Mehrheitsgesellschafter gegründet; inzwischen wird die Beteiligung durch Bertelsmann Investments gehalten und dessen neuem Geschäftsbereich Bertelsmann Next zugeordnet. Bertelsmann Next erschließt vielversprechende künftige Geschäftsfelder für Bertelsmann. Ein ideales Umfeld also für die Applike Group mit ihren aktuell vier Firmen Adjoe, Justdice, Sunday und Justtrack. Eine fünfte Firma im Bereich „Branded Games“ ist in Gründung. Diese fünf Firmen decken die Geschäftsbereiche App-Vermarktung, Reichweitenaufbau, Mobile-Games-Entwicklung und Automatisierung ab. Im Rahmen der Boost-Strategie von Bertelsmann hatten Bertelsmann Investments und Applike Group im April 2022 verkündet, 100 Millionen Euro in den weltweiten Ausbau der App-Plattform zu investieren. Was seitdem geschehen ist, welche Pläne sie für die Zukunft haben und vor welchen Herausforderungen sie dabei stehen, berichten die beiden Gründer und Co-CEOs im Gespräch.

Mit ihren Software-Lösungen ist die Applike Group inzwischen praktisch in jedem Land der Erde aktiv. Der meiste Umsatz wird in den USA erzielt: Er liegt über alle Geschäfte gerechnet etwa bei 30 Prozent des Gesamtumsatzes, im Heimatland Deutschland ist es rund die Hälfte davon. Auf Großbritannien und Frankreich entfallen zusammen rund zehn Prozent, auf die Wachstumsmärkte Indien, Brasilien und Indonesien zusammen nochmals etwa zehn Prozent. Während Applike dabei ist, in Boston in den USA als wichtigstem Markt sowie in Istanbul in der Türkei erstmals Vertriebsbüros für Geschäftskunden im Ausland einzurichten – auch Indien ist angedacht –, ist und bleibt Hamburg der Hauptsitz. Dort, in einem attraktiv gelegenen Bürogebäude an der Außenalster, hat die Applike Group mittlerweile vier Etagen mit rund 4.000 Quadratmetern angemietet, auf denen aktuell 220 Mitarbeitende Platz finden, wenn sie nicht gerade im Homeoffice sind. Zu Beginn des Jahres 2022 waren es noch 130. Und diese Frauen und Männer haben ordentlich zu tun, denn, so viel steht für Jonas Thiemann fest: Die Geschäfte laufen gut für die Applike Group. „Zwar ist der App-Markt 2022 nach zwei coronabedingten Rekordjahren erstmals seit einer Dekade wieder leicht geschrumpft, ähnlich der Post-Covid-bedingten Stagnation im E-Commerce-Sektor. Aber wir bei Applike konnten trotzdem weiter zulegen, und unser Wachstumspotenzial ist groß“, freut er sich und verweist auf eine zweistellige Umsatzrendite. Bereits vor der großen Investition von Bertelsmann habe die Applike Group beständig und erfolgreich daran gearbeitet, aus eigenen Mitteln ihre bestehenden Geschäfte weiterzuentwickeln. Und eben dies werde jetzt deutlich intensiviert. „Boost heißt für uns: organisch zu wachsen, also selbst Software-Lösungen zu entwickeln, in den Aufbau neuer Geschäfte, Technologien und Plattformen zu investieren – und zumindest erst einmal nicht andere Firmen zu übernehmen“, beschreibt Jonas Thiemann den Plan, wie das zur Verfügung stehende Geld eingesetzt werden soll. Ein nicht unerheblicher Teil davon werde in den Aufbau eines fünften Unternehmens fließen, dessen endgültiger Name noch nicht feststeht. Sein aktueller Arbeitstitel lautet Thiemann zufolge „Brand Games“. „Es soll noch in diesem Jahr starten und unsere bisherigen Geschäftsfelder ergänzen“, kündigt der Co-CEO an.

Denn Applike selbst mag Smartphone-Nutzern vielleicht nur selten ein Begriff sein. Doch viele von ihnen kommen praktisch täglich mit den in Hamburg entwickelten Apps in Kontakt. Wie zum Beispiel im Falle von Justdice (www.justdice.io), einer von Carlo Szelinsky seinerzeit selbst entwickelten und von Jonas Thiemann an Games-Entwickler verkauften Anwendung. Sie stellt die ursprüngliche Geschäftsidee „Game Recommendations“ von Applike dar, bevor später weitere Apps hinzukamen und 2020 die Applike Group als Holding mit verschiedenen Unternehmenseinheiten gegründet wurde. „Die heute von Justdice angebotenen Apps analysieren das Nutzungsverhalten von Android-Usern und empfehlen ihnen auf dieser Grundlage neue Apps, deren Publisher Kunden von Justdice sind“, erklärt Thiemann das erste Geschäftsmodell. „Für die loyale Nutzung dieser Apps werden die Nutzer:innen mit Gutscheinen oder einer virtuellen Währung belohnt, die sie für verschiedene Prämien einlösen können.“ Die von Justdice betriebenen Apps, wie Coinpop, Appstation oder Cash’em all, wurden bis heute mehr als 250 Millionen Mal im Google Play Store heruntergeladen. „Dieses Unternehmen wollen wir nun zu einem Spiele-Publisher ausbauen. Das heißt, Justdice soll nicht nur Empfehlungs-Apps betreiben, die Spiele vorschlagen, sondern auch selbst sogenannte ‚Play to earn‘-Spiele entwickeln“, beschreibt Jonas Thiemann ein Investitionsprojekt, das für das besagte organische Wachstum dieser Applike-Firma sorgen soll. „Play to earn“ (P2E) wird eine Kategorie von Mobile Games genannt, mit denen Nutzer:innen echte Prämien verdienen können, indem sie im Spiel erfolgreich sind.

Kernmodule der Boost-Strategie

„Als Nächstes in der Applike-Historie kam adjoe“, zählt Co-CEO Carlo Szelinsky weiter auf. Bei Adjoe (www.adjoe.io) handelt es sich um ein reines B2B-Geschäft, nämlich um einen Werbevermarkter für In-App-Werbeflächen. „Über Adjoe können App-Publisher mit an ihre Zielgruppen adressierter Werbung Geld verdienen und neue Nutzer:innen gewinnen“, erklärt Szelinsky. Auch die Reichweiten der eigenen Firmen Justdice und Sunday würden so vermarktet. Für die beiden Applike-Gründer ist Adjoe das Kernmodul ihrer Boost-Strategie. „Hier wollen wir in eine Videowerbeplattform investieren, die es ermöglichen soll, Bewegtbildwerbung in Apps zu vermarkten“, erläutert Carlo Szelinsky den Plan. „Das kann man sich wie einen intelligenten Auktionsmechanismus vorstellen: Da gibt es zum Beispiel eine App mit einem bestimmten Volumen für Werbeanzeigen, das dann in einer Real-Time-Auktion zum höchstmöglichen Preis Werbekunden auf der ganzen Welt angeboten wird.“ Diese Plattform sei deswegen so wichtig, ergänzt Jonas Thiemann, „weil wir damit potenziell nicht nur eine bestimmte Anzahl von Apps, sondern im Prinzip jede App weltweit monetarisieren können.“ Egal, ob Spiele-, Nachrichten- oder Dating-Apps – in allen ließe sich auf diese Weise Videowerbung anzeigen und damit Geld verdienen. „Damit können wir wirklich in den Massenmarkt gehen“, führt Thiemann weiter aus. Bei rund sechs Milliarden Smartphone-Usern und etwa 3,5 Milliarden Nutzer:innen von Mobile Games weltweit ergäben sich enorme Skalierungsmöglichkeiten für Adjoe – 500 Millionen dieser Nutzer:innen habe das Unternehmen bereits erreichen können. Nach einem Jahr Entwicklungszeit ist aktuell eine Beta-Version von „Adjoe Wave“, so der Name der Erweiterung, in Erprobung; Justdice und Sunday würden darüber bereits vermarktet. „Bis Ende des Jahres rechnen wir mit den ersten externen Kunden“, zeigt sich Jonas Thiemann optimistisch.

Sunday (www.sunday.gg) lautet der Name des Unternehmens, das als drittes hinzukam. „Es fokussiert sich auf die Entwicklung und Vermarktung von Mobile Games, und hier vor allem auf sogenannte Hyper Casual Games, erklärt Carlo Szelinsky. „Damit sind solche Spiele für Smartphones gemeint, die sich schnell einmal ‚zwischendurch‘ spielen lassen. Diese Art von Mobile Games macht inzwischen die größte Medienkategorie aus, gemessen an der Nutzungszeit pro Tag. Der Markt für solche Spiele ist sehr wettbewerbsintensiv und unterliegt schnellem Wandel“, so Szelinsky weiter. Spiele würden unablässig weiter- und neu entwickelt, zudem entstünden immer neue Ansätze, mit den Spielen und mit der Werbung darin Geld zu verdienen. „Bei Sunday geht die Boost-Investition in den Ausbau des Publishing-Bereichs“, fährt Jonas Thiemann fort. Denn Sunday ist in zwei Geschäftsbereiche aufgeteilt: Zum einen entwickelt die Applike-Firma eigene Spiele, zum anderen hilft sie anderen Unternehmen dabei, dies zu tun. „Der Vorteil, mit einem von mehreren tausend Game Studios zusammenzuarbeiten, besteht darin, dass wir Zugang zu viel mehr kreativen Ideen erhalten und sie schnell und automatisiert testen und ‚groß machen‘ können, indem wir sie auf unserer Publishing-Plattform anbieten und mit innovativen Werbeformaten verknüpfen. Auf diese Weise können wir dann von den erfolgreichsten Ideen profitieren“, sagt Thiemann. Sunday fungiert hier wiederum auch als Reichweiten-Steigerer in eigner Sache: Über Sunday können Adjoe-Werbekunden nochmals mehr User ansprechen.

Automatisierter Reichweitenaufbau

Justtrack (www.justtrack.io) war nach Worten von Jonas Thiemann die erste Neugründung der Applike Group nach der Boost-Investition im vergangenen Jahr. „Justtrack ist eine Software wie eine Art Dashboard, auf dem die wichtigsten Ergebnisse aus Datenanalysen etwa zu Zugriffen, Benutzern, Nutzerbindung, Rendite von Werbekampagnen und In-App-Verhalten bedarfsgerecht und auf einen Blick in Grafiken visualisiert werden“, erläutert Carlo Szelinsky. „Über dieses Dashboard können Smartphone-Apps automatisiert Marketingkampagnen für sich selbst fahren, um ihre Reichweite zu erhöhen.“ Jonas Thiemann nennt ein Beispiel: „Für ein Spiel möchte ich neue Nutzerinnen und Nutzer gewinnen. Dafür muss ich mit zahlreichen Partnern zusammenarbeiten – etwa mit Google und Facebook oder auch Adjoe. Justtrack ermöglicht es, genau das über ein einziges Dashboard zu tun, und das auch noch automatisiert.“ Justtrack werde intern bereits eingesetzt, so Thiemann, und führe zu hohen Effizienzgewinnen der eigenen Marketingteams. Drei externe Kunden testeten zudem die Software in ihrer vorläufigen Beta-Version.

Firma Nummer fünf mit dem noch nicht finalen Namen ist, wie erwähnt, in Planung und soll User mobiler Games mit prominenten Marken aus dem Endkundengeschäft in Verbindung bringen. „Es ist gar nicht so einfach, Nutzerinnen und Nutzer auf einem Smartphone mit seinem in der Größe begrenzten Display auf eine Marke aufmerksam zu machen“, erklärt Jonas Thiemann den Hintergrund von „Brand Games“. „Wir wollen darum markenbezogene Spiele entwickeln, wie ein Autorennspiel für einen Automobilhersteller oder ein Ich-bau-mir-einen-Burger-Spiel für eine Schnellimbisskette, in denen die Marken präsent sind, aber nicht aufdringlich wirken. Und gerade für große, weltweit tätige Kunden können wir – wahrscheinlich besser als jeder andere – mit unseren anderen Unternehmen nicht nur ein solches Spiel entwickeln und zunächst mit einer begrenzten Zahl von Nutzerinnen und Nutzern testen und evaluieren. Wir können mit unserer Vermarktungspower auch für eine entsprechend große, globale Reichweite sorgen, die bei mehreren Millionen Usern liegen würde“, schätzt er.

Hilfreiches Netzwerk von Bertelsmann Investments

„Aufgrund unserer guten Performance sind wir permanent auf der Suche nach neuen Fachkräften“, benennt Carlo Szelinsky einen begrenzenden Faktor für weiteres Wachstum. In Teilen sei diese Suche erfolgreich, unter anderem durch den Zuzug ukrainischer oder russischer IT-Expert:innen, die wegen des Ukraine-Kriegs nach Deutschland gekommen seien. „Aber auch aus anderen Regionen der Welt konnten wir viele neue Kolleginnen und Kollegen für uns begeistern“, freut sich Szelinsky. Rund 70 Prozent der Applike-Beschäftigten stammen inzwischen nicht aus Deutschland, sie ziehen aus anderen Ländern eigens wegen Applike nach Hamburg. Doch auch das hilft nur eingeschränkt: „Der Fachkräftemangel ist und bleibt auf absehbare Zeit sicherlich die größte Herausforderung. Unsere Zielmarke liegt für Ende des Jahres bei 300 Mitarbeitenden“, beschreibt Szelinsky das Problem. Diese arbeiten inzwischen wieder im Büro, damit sie sich auch einmal spontan treffen und gemeinsam Ideen entwickeln können. Mindestens drei Tage in der Woche im Büro, aber auch schon einmal drei volle „Remote“-Wochen am Stück seien üblich. Benötigt würden vor allem Fachkräfte mit IT-Kompetenzen, aber auch mit Kenntnissen in den Bereichen Management, Vertrieb und Personalwesen. Womöglich könnten qualifizierte Frauen und Männer, die, wie in diesen Wochen zu lesen, von großen Tech-Konzernen freigestellt würden, für Applike gewonnen werden – diese Entwicklung müsse aber noch abgewartet werden. Große Bedeutung messen die beiden Co-CEOs, die jeweils mit rund zehn Prozent an der Applike Group beteiligt sind, auch dem Ausbau der zweiten Geschäftsführungsebene zu, für die ebenfalls geeignetes Personal gesucht wird. „Unser Ziel ist es, dass wir beide uns zunehmend auf die strategische Weiterentwicklung der Applike Group insgesamt konzentrieren und die Führung unserer bald fünf Firmen in die Hände der jeweiligen Geschäftsführungen geben“, sagt Jonas Thiemann.

„Die umfangreichen Boost-Investitionen ermöglichen es uns in Summe, unsere hochskalierbaren Geschäfte noch schneller zukunftsfähig aufzustellen und deutlich schneller zu wachsen“, fährt der Co-CEO fort. „Darüber hinaus kommt uns aber auch eindeutig das Netzwerk von Bertelsmann im Allgemeinen und von Bertelsmann Investments im Besonderen zugute. Dort sind wir genau richtig aufgehoben, weil wir es mit Geschäften und Geschäftsführern zu tun haben, die mit ähnlichem Mindset in ähnlich innovativen Umfeldern agieren. Insofern profitieren wir enorm vom globalen Wissensaustausch untereinander und natürlich von dem umfangreichen Netzwerk, auf das wir zurückgreifen können. Nicht zuletzt macht die Zusammenarbeit mit Carsten Coesfeld als CEO von Bertelsmann Investments großen Spaß. Wir liegen oftmals auf einer Wellenlänge und werfen uns gedanklich nur so die Bälle zu.“ Hinzu komme, fährt Carlo Szelinsky fort, das Vertrauen der Konzernführung und die Unterstützung durch die Corporate-Dienstleistungen von Bertelsmann. „Wir haben das gemeinsame Ziel, ein wirklich großes Unternehmen aufzubauen. Das kann auch heißen, die Company nicht bei der erstbesten Möglichkeit zu veräußern“, bekräftigt er. Thiemann ergänzt: „Und wenn es zum Beispiel um die Gründung einer neuen Unternehmenseinheit geht oder um Steuer-, Rechts- oder Bilanzfragen: Wir finden im Corporate Center von Bertelsmann immer schnell die richtigen Ansprechpartner, die unsere Geschäftsprozesse und unsere Anliegen verstehen und uns helfen können. Wir müssen uns also vielfach nicht selbst um den Aufbau solcher Kompetenzen kümmern. Das entlastet uns enorm bei der Umsetzung unserer Wachstumsstrategie. Wir wollen schließlich in der Rangliste der weltweit größten App-Plattformen der Welt noch weiter an die Spitze rücken. Unsere Vision ist es, mit jedem Smartphone-Besitzer weltweit in Verbindung zu treten.“