Penguin Random House | Madrid, 12.10.2016

Núria Cabuti: "Diversity ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Integration"

Nuria Cabuti bei der Diversity Conference 2016

Themenbereich: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Land: Spanien
Kategorie: Projekt

Diversity, die Vielfalt von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ist nicht nur ein Thema für Personalabteilungen sondern hat als Wettbewerbsfaktor für die allermeisten Unternehmensfunktionen Relevanz. Manager sehen Mitarbeitervielfalt daher zunehmend als strategischen Vorteil. Bei der Bertelsmann Diversity Conference 2016 stellten fünf Führungskräfte aus verschiedenen Bertelsmann-Unternehmensbereichen Fallstudien vor. Sie zeigten, inwiefern Vielfalt für ihre Unternehmen einen konkreten Business-Case darstellt. Im ersten Teil der Reihe  sprach Debra Maxwell, CEO Arvato UK über die Relevanz von Diversity für die Arvato-Geschäfte. Die CEO der spanischsprachigen Verlagsgruppe Penguin Random House Grupo Editorial Núria Cabuti zeigt nun, dass Diversity weit mehr als Frauenförderung ist: Mitarbeitervielfalt war Dreh- und Angelpunkt der Übernahme von Santillana. Bei der Integration beider Verlage wurden zwei profitable, erfolgreiche Firmen fusioniert. Núria Cabuti setzte bei der Integration auf Vielfalt und Wertschätzung.

Warum ist Diversity für Ihr Geschäft relevant?

Aus Vielfalt entsteht Perspektivenvielfalt – ein ganz wichtiger Schlüssel zum Erfolg der Integration von Santillana. Vielfalt ist bei uns in verschiedenen Bereichen präsent und spiegelt sich unter anderem, aber nicht nur, in unserer Mitarbeitervielfalt wider. Zum einen haben wir eine sehr breite Leserschaft, deren Wünsche wir antizipieren und abbilden müssen. Zum anderen ist unser Erfolg abhängig von einer größeren Öffentlichkeit und vielen, vielen Stakeholdern – dazu gehören insbesondere die Autorenteams, Agenten, Journalistinnen und Journalisten und natürlich der Buchhandel. Diese Vielfalt versuchen wir bei Penguin Random House Grupo Editorial, wiederum bestmöglich in unserer Belegschaft abzubilden.

Mit Santillana haben wir in den vergangenen zwei Jahren einen unserer Wettbewerber erfolgreich integriert. Bei dieser Integration haben wir von den sehr unterschiedlichen Unternehmenskulturen der beiden Verlagshäuser profitiert. Wir wissen aus der Erfahrung anderer M&As (Merger und Akquisitionen, Anm. der Redaktion), dass die Unterschiedlichkeit von Unternehmenskulturen und damit verbundene Ziele und Denkweisen ein Hauptgrund für deren Scheitern war. Bei Penguin Random House wollten wir diese Vielfalt nicht vermeiden, sondern nutzen. Und eines unserer großen Learnings war: wenn wir Vielfalt auf allen Ebenen nutzen möchten, müssen wir bei der Unternehmensspitze anfangen!

Bei allen wichtigen Prozessschritten haben wir deshalb Entscheidungsträger beider Kulturen einbezogen. Eine Integration dieser Größe ist alles andere als ein Spaziergang. Menschen neigen ja oft dazu, es sich bequem zu machen. Bei einer Integration geht es aber um Anpassungsprozesse – auf dem Papier setzen wir dazu neue Systeme, Strukturen und ideale Prozesse auf. Diese müssen – und darin besteht eine große Schwierigkeit – jedoch auch implementiert und gelebt werden. Dies setzt veränderte Verhaltens- und Kommunikationsweisen und ein neues Wertesystem unserer gesamten Belegschaft voraus. Alle müssen mittragen, dass die eigene, vertraute Unternehmenskultur im Rahmen einer Integration aufgebrochen wird. Der durch die Akquisition angestoßene Kulturwandel war für alle Beteiligten gut, denke ich. Er konnte auch erst durch die neue Vielfalt entstehen. Und wir haben festgestellt, dass ein Wandel nur gelingen kann, wenn Menschen Strategien hinterfragen und offen ihre Meinung sagen können – also wenn der Nährboden zur Nutzung von Vielfalt vorhanden ist.

Worin besteht Ihr Business Case?

Die Integration der beiden Verlagshäuser Penguin Random House Grupo Editorial und Santillana Ediciones Generales war zentral für unseren geschäftlichen Erfolg insgesamt. 2014 lag diese Übernahme, die größte der Firmengeschichte, noch vor uns: Zusammen wollten wir in neun Ländern unsere Größe verdoppeln und im spanischsprachigen Buchmarkt die Nummer eins werden! Die Übernahme fand allerdings in einem wirtschaftlich sehr angespannten Umfeld in Spanien statt, was einige Risiken implizierte. Eines war deshalb klar: Auf beiden Seiten mussten alle Ebenen mitziehen, sonst würde es nicht funktionieren.

Unsere Gespräche mit Santillana liefen schon seit Jahren. Wir nutzten die Zeit für eine intensive Vorbereitung – anders als geplant ging es bei vielen Gesprächen allerdings nicht um Investitionsmodelle. Die meiste Zeit sprachen wir über die HR-Integration und die Frage, wie wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beider Unternehmen frühzeitig und kontinuierlich mitnehmen. Wussten Sie, dass vier von fünf Mergern überhaupt erst nach vielen Jahren ökonomisch erfolgreich sind? Wir haben offensichtlich vieles richtig gemacht, weil sich unsere harte Arbeit doch sehr rasch in harten Zahlen abbilden ließ: Innerhalb von zwei Jahren konnten wir eine Umsatzsteigerung von 70 Prozent erreichen und unser Operating EBIT stieg um 328 Prozent zwischen 2013 und 2015. Weder Autoren noch Führungskräfte in Schlüsselpositionen haben uns verlassen!

Diese Entwicklungen waren für uns entscheidend und ich führe sie maßgeblich darauf zurück, dass unser Team sehr talentiert und sehr divers aufgestellt war: Sechs Männer, fünf Frauen, 36 bis 61 Jahre alt. Im erweiterten Führungszirkel, der aus 21 Mitgliedern bestand, waren sogar acht Nationalitäten vertreten. Diese Kollegen haben wir aus ganz unterschiedlichen Hierarchieebenen rekrutiert und zwei unserer Top-Talente, beide zu der Zeit schwanger, auf Senior-Positionen befördert. Gemeinsam sorgten wir dann dafür, dass sich unsere vielfältigen Perspektiven auch in unseren neuen Strukturen wiederfinden. Dazu haben wir beispielsweise neue, gemischte Teams in den Bereichen Sales und Editorial gegründet und Talente für Führungspositionen auf beiden Seiten gesucht. Der gesamte Prozess war von einem kooperativen Führungsstil geprägt: Von der Delegation von Verantwortung, ausgesprochenem Vertrauen, klaren Zielen und einem hohen Grad an Transparenz. Das war eine sehr inspirierende Atmosphäre, auf die wir gemeinsam stolz sein können. Nur so konnten wir das vorhandene Wissen gut integrieren.

Was hat sich in den vergangenen Jahren getan – und was muss sich aus Ihrer Sicht noch verändern?

Meiner Erfahrung nach wird die Wertschätzung für Unterschiedlichkeit in internationalen Unternehmensstrukturen und bei M&As nicht als zentral gesehen. Bei uns war diese Perspektive der Schlüssel zum Erfolg. Wir standen vor der Aufgabe, Unsicherheit und Widerstand in Engagement, Kooperation und Unterstützung zu verwandeln. Respekt vor anderen Kulturen und vor gänzlich unterschiedlichen Herangehensweisen, der Perspektivenwechsel und das vorbildliche Verhalten der Führungskräfte haben uns den entscheidenden Rückhalt in der Belegschaft gebracht. Das war mir ganz, ganz wichtig! Viele Kollegen finden, dass ich einen "mutigen Weg" bei der Integration gegangen sei. Aus meiner Sicht war es vielleicht ein neuer Weg – aber vor allem ein notwendiger: Kulturunterschiede zu begrüßen, hierarchisches Verständnis und eingefahrene Strukturen zu durchbrechen und Entscheidungen auf keinen Fall nur Top-down zu treffen. Das ist in der heutigen, komplexen Welt gar nicht mehr anders möglich! Für die nächsten Jahre wünsche ich mir, dass wir diesen Weg weitergehen und unsere neuen Werte – Kreativität, Flexibilität und Vielfalt – leben. Unser gemeinsamer neuer Verlag wird von einzigartigen Persönlichkeiten geprägt. Sie machen unsere "Identität" als Unternehmen aus. Ihre Einzigartigkeit brauchen wir – um noch erfolgreicher zu werden.

 Was würden Sie für eine bessere Nutzung von Vielfalt empfehlen?

  • Entdecken Sie den Wert von Unterschiedlichkeit! Die Vorteile wie auch mögliche Herausforderungen, die mit einer diversen Belegschaft verbunden sind, werden Ihr Unternehmen stärken.
  • Hören Sie auf Ihre Mitarbeiter und lassen Sie die Kommunikation nicht abreißen – Top-Down Entscheidungen funktionieren in der heutigen Arbeitswelt nicht mehr.
  • Unsere Umwelt wandelt sich tagtäglich und sehr dynamisch. Versuchen Sie, diese Perspektive in Ihr Tun einzubeziehen und Veränderungen nicht aufzuhalten: panta rhei! 

Bei Fragen zur Diversity Konferenz, aktuellen Themen oder dem vorliegenden Artikel wenden Sie sich gerne an .