Arvato Group | Slough, 20.09.2016

Debra Maxwell: "Es geht um harte Fakten"

Debra Maxwell bei der Bertelsmann Diversity Konferenz 2016

Themenbereich: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Land: Großbritannien
Kategorie: Projekt

Diversity, die Vielfalt von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ist nicht nur ein Personalthema, sondern hat zunehmend auch für andere Unternehmensfunktionen entscheidende Bedeutung. Denn Diversity ist ein wichtiger Einflussfaktor der Wettbewerbsfähigkeit und somit des Erfolgs von Bertelsmann. Manager sehen Vielfalt daher zunehmend als strategischen Vorteil. Bei der Bertelsmann Diversity Conference 2016 stellten fünf Führungskräfte aus verschiedenen Bertelsmann-Unternehmen Fallstudien vor. Sie zeigten, inwiefern Vielfalt für ihre Unternehmen einen Business Case darstellt. Debra Maxwell, CEO CRM Solutions, Arvato UK & Ireland machte deutlich, dass Diversity weit mehr als Frauenförderung ist: Diversity wird für die britischen Arvato-Geschäfte immer wichtiger.

Warum ist Diversity für Ihr Geschäft relevant?

Wenn wir über Diversity sprechen, geht es zu oft um Diskriminierung oder Quoten. Die Frage ist aber, ob wir wirklich verstehen, welche handfesten Vorteile eine vielfältige Belegschaft bringt. Heute wird der Wettbewerb nicht mehr nur von Kosten, Prozessen und Qualität bestimmt, sondern andere, soziale Faktoren spielen eine immer größere Rolle. Soziale Faktoren können Marktanteile beeinflussen und Geschäftsbeziehungen festigen. Hohe Standards einzuhalten, gehört zur Geschäftsgrundlage erfolgreicher Unternehmen. Viele bekannte Konzerne suchen ihre Dienstleister deshalb nach bestimmten Diversity-Kriterien aus. Coca Cola hat beispielsweise damit begonnen, "einen Teil seiner Aufträge an von Minderheiten oder Frauen geführte Unternehmen zu vergeben". Verizon arbeitet nur mit "vielfältigen Dienstleistern" zusammen, deren Management und Belegschaft zu mindestens 51 Prozent aus Minderheiten, Frauen, Kriegsveteranen oder Menschen mit Behinderungen bestehen.

Wir können es uns nicht leisten, diese Diversity-Vorgaben unserer Kunden zu übersehen. In der heutigen Geschäftswelt ist Diversity keine zusätzliche Anforderung, an die wir mit leeren Versprechungen ein Häkchen setzen können. Wir brauchen harte Fakten und strategische Maßnahmen, um die Mitarbeitervielfalt in unserem Unternehmen zu erhöhen. Wenn wir wettbewerbsfähig bleiben wollen, müssen wir die Initiative ergreifen, sonst werden wir das Nachsehen haben. Aber am wichtigsten ist, dass wir Diversity nicht nur als einen geschäftlichen Vorteil sehen, sondern dass Vielfalt für das Unternehmen in vielerlei Hinsicht einen Mehrwert schafft.

Was ist Ihr Business Case?

Unser größter Kunde in Großbritannien ist die öffentliche Verwaltung. Deren Verträge beinhalten meistens Mindeststandards für Zulieferer und konkrete Diversity-Vorgaben für Dienstleister, die im Auftrag der öffentlichen Hand arbeiten. Diversity-Mindeststandards sind bei der Auftragsvergabe besonders wichtig und die Einhaltung dieser Standards wird mit Kennzahlen gemessen. Einige dieser Kennzahlen sind sehr streng: Wir müssen belegen, dass Diversity und Gleichberechtigung ganz oben auf der Agenda unseres Unternehmens stehen. Und es geht eben nicht mehr nur um Richtlinien oder Ankündigungen, sondern es geht um harte Fakten: Wie viele Frauen haben Führungspositionen inne? Wie hoch ist der Anteil an Minderheiten? Eine allgemeine und unverbindliche Diversity-Strategie reicht nicht mehr aus. Um sich auf unseren Märkten zu behaupten, brauchen wir positive und angemessene Standards und Maßnahmen für Vielfalt. Diese Maßnahmen in unser Unternehmen zu integrieren, ist entscheidend für unseren Erfolg.

Was hat sich in den letzten Jahren getan – und was muss sich aus Ihrer Sicht noch verändern?

Als ich 2008 bei Arvato anfing, war ich bei einem Bertelsmann Management Meeting mit einer bunten Mischung aus Männern und Frauen in Istanbul. Aber als wir uns dann in die einzelnen Unternehmensbereiche aufteilten, war ich auf einmal die einzige Frau in einem Raum mit 50 meist deutschen Arvato-Managern mittleren Alters. Mir ist klar, dass unser Unternehmen diese Ursprünge hat, aber als Neuling war ich wirklich überrascht und fragte mich, welche Chancen ich hier als weiße, südafrikanisch-britische, damals noch sehr viel jüngere Frau haben würde! Mittlerweile gibt es mehr Frauen im höheren Management bei Arvato, aber zahlenmäßig sind es immer noch weniger als bei vergleichbaren Unternehmen.

Viele Studien belegen, dass wir – wie viele andere Unternehmen – es nicht nur mit den altbekannten "gläsernen Decken" zu tun haben, die Frauen daran hindern in Top-Positionen aufzusteigen. Wir verlieren auch talentierte Mitarbeiterinnen: Wie viele Unternehmen können wir zwar qualifizierte Frauen von den Universitäten gewinnen, viele verlassen aber das Unternehmen, bevor sie in höhere Positionen aufsteigen. Die besten Talente zu gewinnen und zu halten, funktioniert nicht mit Lippenbekenntnissen zu mehr Vielfalt. Wir müssen konkrete Strategien entwickeln, um unsere Arbeitgeberattraktivität zu erhöhen und so qualifizierte Frauen in der Arbeitswelt zu halten.

Insgesamt, und das ist mir wichtig, geht es bei Diversity definitiv nicht nur um Frauen – es geht um eine vielfältige Belegschaft. In jedem Arbeitsumfeld verlieren wir Marktanteile, wenn wir den Einfluss von Diversity auf unser Denken und unsere Innovationskraft ignorieren. Aktuelle Studien belegen, dass fehlende Vielfalt negative Auswirkungen auf vielen Ebenen hat, wie zum Beispiel eine geringere Produktivität, höhere Abwesenheitsraten, größere physische oder psychische Probleme und geringere Jobzufriedenheit und Motivation. Unsere Kunden erwarten von uns, dass wir innovative Lösungen anbieten und Trends antizipieren – ohne eine vielfältige Belegschaft können wir nicht so breit denken und kreativ sein. Wir müssen Diversity auf allen Ebenen angehen und das nicht nur auf Frauen oder Minderheiten, sondern auch auf Alter, Bildungshintergrund oder andere Faktoren bezogen. Innovationen werden in unserem Geschäft von anderen Generationen kommen – junge Menschen, die im Alltag weder Papier noch Stift zur Hand nehmen, mit ihrem Mobiltelefon quasi nie telefonieren und Briefe zu schreiben vollkommen ungewöhnlich finden. Ohne eine vielfältige Belegschaft, die eine Stimme hat und Veränderungen anstößt, werden wir unsere Kunden nicht halten und inspirieren können. Und auch am Markt nicht überleben.

 4 Tipps für mehr Vielfalt

  • Eine Atmosphäre schaffen, in der Vielfalt gelebt und wertgeschätzt wird
  • Eine Strategie für mehr Diversity entwickeln und Ziele setzen
  • Von anderen Unternehmen lernen
  • Vorbilder finden