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News | Gütersloh, 05.12.2014

Interview mit Karin Schlautmann über die Bedeutung von Kommunikation

In einem Interview mit dem Branchenmagazin „Faktor 3“ spricht Karin Schlautmann, Leiterin der Unternehmenskommunikation von Bertelsmann, über die Bedeutung von Kommunikation von Unternehmen nach außen wie nach innen – und ihre Entwicklung ins digitale Zeitalter hinein. Lesen Sie hier das vollständige Interview.

Karin Schlautmann

Frau Schlautmann, welche der folgenden Redensarten gefällt Ihnen am besten? Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Ohne Punkt und Komma reden. Aufs Wort gehorchen.

Karin Schlautmann: Das kann ich so gar nicht sagen. Für alle drei Redensarten wird man im Leben sicher gute Beispiele finden.

Wie verstehen Sie Ihre Rolle im Unternehmen?

Karin Schlautmann: Die Unternehmenskommunikation besitzt einen traditionell hohen Stellenwert bei Bertelsmann – nicht zuletzt, weil wir ein Medienhaus sind. Organisatorisch ist die Abteilung eine Stabsstelle, das heißt ich berichte direkt an unseren Vorstandsvorsitzenden Thomas Rabe. Inhaltlich ist es unsere wichtigste Aufgabe, bei der Umsetzung der Konzernstrategie von Bertelsmann zu unterstützen. Dies bedeutet vor allem, unsere Strategie mit ihren unterschiedlichen Prioritäten intern wie extern verständlich und auf verschiedensten Kanälen zu erklären. Ich denke, dies ist uns in den vergangenen Jahren gut – und vielfach auf innovative Weise – gelungen.

Wie wichtig ist Sprache in dem, was Sie tun?

Karin Schlautmann: Sprache ist bei uns ein sehr umfassendes Thema. Das wird schon allein daran deutlich, dass Bertelsmann in etwa 50 Ländern aktiv ist. Außerdem lässt sich Sprache bei uns nicht auf das geschriebene Wort reduzieren: Wir verstehen Sprache breiter. Zwar arbeiten wir sehr viel mit Texten und mit Printmedien, aber wir gehen darüber hinaus auch andere Wege. Damit meine ich insbesondere die vielen neuen Medienkanäle, die es heute gibt, und auf denen beispielsweise Bilder – und damit also auch Bildsprache – eine besondere Rolle spielen. Die digitale Transformation ist Kernbestandteil unserer Konzernstrategie und längst Realität in unseren Geschäften. Dem müssen und wollen auch wir in der Kommunikation Rechnung tragen. Wir prüfen jede sich bietende Plattform. Ist das ein guter Kanal für uns? Können wir durch diese neuen Kanäle Zielgruppen erreichen, die für uns wichtig sind? Unser Ziel ist, die Reputation des Unternehmens Bertelsmann und seiner Akteure zu sichern. Um dies zu erreichen, verfolgen wir viele Ansätze. Am Ende ist für die  Unternehmenskommunikation, für unser Team und für mich aber natürlich Sprache in all ihren Facetten das zentrale Moment – unter Berücksichtigung des Wandels, den die Kommunikation durchlebt.

Was hat sich geändert?

Karin Schlautmann: Sprache ist ein sensibles Kulturgut. Sie verändert sich, gerade im Hinblick auf Kommunikation in digitalen und sozialen Medien. Und heute ist so gut wie alles Kommunikation. Das fängt dabei an, wie Leute auftreten, welche Mode sie bevorzugen, wie sie leben, welchen Gruppen sie angehören. Wie gesagt: Sprache lässt sich nicht auf Texte und Wörter reduzieren. Unsere Welt ist komplex, gerade was Kommunikation angeht.

Einem Medienkonzern wie Bertelsmann müsste das Thema Kommunikation doch besonders liegen, oder?

Karin Schlautmann: Das ist richtig. Bertelsmann lebt von Inhalten. Viele Inhalte haben den Anspruch, mit ihren Nutzern zu kommunizieren. Der Autor möchte mit seinen Lesern ins Gespräch kommen, das Fernsehen möchte die Menschen stärker bewegen. Für alle Kommunikationskanäle – vom klassischen Printprodukt bis zum modernen Tablet – gilt: Ohne Inhalte sind sie am Ende nur Technik. Bertelsmann ist mit seiner Größe, seinen starken Marken und seiner Kreativität perfekt aufgestellt, diese Inhalte zu liefern, jetzt und in Zukunft.

Bei Sprache und Kommunikation denkt man zu allererst an die Verbindung nach draußen, ein großer Teil Ihrer Arbeit richtet sich aber nach innen. Wie muss man sich das vorstellen?

Karin Schlautmann: Bertelsmann hat über 110.000 Mitarbeiter – das sind mehr als es Einwohner in Gütersloh gibt – entsprechend bedeutsam ist die interne Kommunikation für uns. Alle Kolleginnen und Kollegen auf dem Laufenden zu halten und mitzunehmen, ist keine leichte Aufgabe. Wir nutzen darum verschiedene Formate, um jeden Mitarbeiter möglichst schnell und umfassend zu informieren. Zentrales Informationsmedium im Konzern ist unser Intranet, das in vier Sprachen Nachrichten aus allen Teilen des Konzerns anbietet – wir erreichen damit alle Mitarbeiter des Hauses. Regelmäßig produzieren wir hierfür Videos, in denen Herr Rabe zu aktuellen Entwicklungen Stellung nimmt. Daneben gibt es unser Mitarbeitermagazin INSIDE, das deutsch/englisch erscheint und weltweit in allen Geschäftseinheiten gelesen wird. Herr Rabe nutzt übrigens als einer der wenigen CEOs in Deutschland Twitter. Dadurch wird er für viele Menschen – intern wie extern – zu einer erlebbaren Persönlichkeit.

Wie hat sich Unternehmenskommunikation in den vergangenen Jahren verändert? Welchen Stellenwert haben Twitter & Co. bekommen?

Karin Schlautmann: Die Erfahrungen mit den Social Media sind für Bertelsmann noch relativ frisch. Seit zwei Jahren bewegen wir uns auf allen großen Kanälen und haben die Präsenz von Bertelsmann so deutlich digitaler aufgestellt. In unserer sogenannten Social Cloud, die alle Social-Media-Aktivitäten von Bertelsmann-Firmen zusammenfasst, kommen wir aktuell auf mehr als 5.700 Kanäle mit zusammen rund 535 Millionen Followern. Dies zeigt, welche Bedeutung die digitalen Kanäle haben, um mit Inhalten Menschen zu erreichen. Da wir Kommunikation ganzheitlich betrachten, möchten wir auch an diesen Stellen anerkannter Gesprächspartner sein.

Wie könnte die Entwicklung weitergehen? Wie sieht Unternehmenskommunikation möglicherweise in zehn Jahren aus?

Karin Schlautmann: Welche Zukunft einzelne Medien haben und welche Entwicklungen eventuell noch dazukommen, wage ich nicht vorherzusagen. In der digitalen Welt steckt aber sicherlich nach wie vor großes Entwicklungspotenzial. Nehmen wir nur das Beispiel E-Book. In den USA hat es inzwischen einen Anteil von über 30 Prozent. Wer hätte sich vor fünf Jahren überhaupt vorstellen können, dass er in den Urlaub fährt und 500 Bücher in einem kleinen Lesegerät mitnimmt? Als die Bertelsmann-Führungskräfte im vergangenen Jahr das Silicon Valley besucht haben, stand unter anderem eine Führung bei Facebook auf dem Programm. Eine Mitarbeiterin dort berichtete voller Stolz, dass sie beinahe zur Gründungscrew gehöre, weil sie schon seit sieben Jahren dabei sei. Zum Vergleich: Bertelsmann gibt es nun schon fast 180 Jahre, da haben neue Unternehmen noch einen langen Weg vor sich. Ich kann aber mit Sicherheit sagen, dass wir auch den nächsten neuen Kommunikationskanal nutzen werden, wenn es Sinn für uns macht. Und, auch das steht für mich fest: Unternehmenskommunikation wird in Zukunft noch wichtiger werden!

Mit Entwicklungsbrüchen ist also nicht zu rechnen? Auch die gibt es ja immer mal wieder. Dann sind plötzlich Schreibmaschinen gefragt, die Nachfrage nach der guten, alten Schallplatte wächst oder Online-Versender bieten ihr Sortiment lieber in Katalogen an …

Karin Schlautmann: So etwas kann passieren. Aber ich denke, das werden in der Regel Nischen sein, in denen sich solche Marktbewegungen abspielen.

Wie lesen Sie persönlich am liebsten: auf Papier oder digital?

Karin Schlautmann: Ich lese fast alles digital auf meinem I-Pad. Das hat sich einfach bewährt, weil ich viel auf Reisen bin. Ich komme aber aus einem klassischen Printleben, habe viele Jahre bei Zeitungen und Magazinen gearbeitet. Deshalb liebe ich es auch, ein fertiges gedrucktes Magazin in den Händen zu haben. Ich vermisse nicht unbedingt das Gefühl des Blätterns, sehe aber die besondere Schönheit eines solchen Produktes. Beides hat also nach wie vor seinen Platz. Das wird auch so bleiben.

(Quelle: Interview geführt von Volker Pieper, Faktor 3, 2014/11/27)